831. Des Bamberger Domes Gründung

[544] Da Baba, Heinrichs des Voglers Schwester, auf ihrer hohen Feste im Ostfrankenlande saß, die nach ihr die Babenburg heißt, gründete sie auch die Stadt Baba am Berge, das ist das heutige Bamberg. Auch zur ältesten Kirche legte diese Herrin den Grund, und während des Baues setzte sie eine große Schüssel voll Geldes für die Tagelöhner hin, damit sich jeder seinen Lohn herausnehme, so viel ihm gebührete,[544] und war die Schüssel also gefeit, daß sie sich täglich von selbst mit Geld füllte, und konnte von dem Gelde keiner mehr herausnehmen, als ihm gebührte. Nahm einer mehr, so wurden ihm die Finger glühend. Diese zaubermächtige Baba zwang auch den Teufel, daß er ihr Säulen zum Kirchenbau herbeischleppen mußte. Den jetzigen Dom zu Bamberg gründeten Kaiser Heinrich II. und seine Gemahlin Kunigunde, sie wohnten in dem kleinen Häuschen am Dom, darin jetzt der Mesner wohnt, und waren gar ein frommes Paar, hatten sich ewiger Keuschheit verlobt. Trotzdem kam aber – auf alle Fälle durch keine andere Tücke als die des Teufels – die gute Kaiserin in mancherlei Gespräch und etwas schlimmern Ruch als den der Heiligkeit, welcher erst später sie umduftete, da sie in Jahre gekommen, die ihr nicht gefielen, oder da sie gar gestorben war. Die bösen Zungen munkelten von einem Herzog, wie von einem schönen Leibjäger, laut und immer lauter, bis es vor den Kaiser kam und dieser die fromme Gemahlin aller Unehren zieh. Da erbot sich Frau Kunigunde, ihre Frauenehre zu erweisen durch ein Gottesurteil, und wandelte auf sieben glühenden Pflugscharen unversehrt und kecklich, nachdem sie Gott angerufen, ihre Unschuld darzutun, wie er der keuschen Susanna Unschuld auch dargetan habe. Und da sie über die glühenden Pflugscharen wandelte, sprach sie: Siehe, Kaiser, so schuldig ich deiner bin, bin ich aller Männer! – Und bestand die Feuerprobe und ward also gereinigt mit großen Ehren, und der König und alle Herren fielen ihr zu Füßen. Darum ersieht man noch im Georgenchor des Domes auf einem steinernen Hochbild die hohe Frau dargestellt, wie sie die Feuerprobe besteht. Aber rechtfertige sich einer oder eine noch so sehr oder werde gerechtfertigt, gegen wen sich einmal die Teufelszunge der Verleumdung herausgestreckt, der bleibt von ihr beleckt und befleckt. So ging es auch der guten Kaiserin. Als sie eines Morgens früh von der Babenburg herabstieg, nach dem Dome, den sie mit gegründet, zu gehen, überschritt sie die Regnitz da, wo heutzutage der Schiffskran ist, da wuschen Weiber hinterm Gebüsch ihre Wäsche im Fluß, und eine dieser Frauen verlästerte nach der Waschweiber Art die Herrin greulich, daß diese es voll starren Schreckens in ihre Ohren hinein hörte. Von Scham erglühend, flehte Kunigunde noch einmal zum Herrn, ihre Unschuld zu beweisen, ging zur Burg hinauf und sandte alsbald einen Korb mit leckern Speisen und Wein zu den Waschfrauen hinab, die wußten sich nicht genug zu verwundern über der Kaiserin Gnade und ließen sich's trefflich wohlschmecken. Aber da die Verleumderin auch aß und trank, so hatte sie Mistjauche im Becher, und ihr Weck wurde ihr im Maule zu einer Kröte, wie jenen Lästerbuben, die den Vater angespuckt, ihre Zungen. Selbiges Waschweib hat nie wieder verlogenes Gewäsch weitererzählt, und wäre gut für viele ihresgleichen, wenn alle Tage noch solch Wunder sich begäbe. Da würd' es eine solche Last Kröten geben, daß sie schwerer wöge als die großen Steinkröten vor dem Bamberger Dom. Diese Kröten sollen vordessen gelebt und beim Dombau des Nachts alles, was am Tage gebaut worden, aus des Teufels Antrieb wieder zerstört haben. Das Volk nennt sie Kröten, es waren aber ursprünglich roh gebildete Löwen aus grauer Zeit. Auf dem Rücken des einen entdeckte man runenschriftähnliche Zeichen.

Quelle:
Ludwig Bechstein: Deutsches Sagenbuch. Meersburg und Leipzig 1930, S. 544-545.
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