Achtzehnte Scene.

[381] Vorige, ohne Sack.


JULIANE.

Mir scheint, dem guten Mann

Ward keine Heldenseele. Nicht, Graf Ranzau?

Zum Glück ist unser großes Unternehmen

So reich an Helden, daß wir ohne Furcht

Den Zagenden entbehren. Wär's gefällig, –

So überliest uns Guldberg noch einmal,[381]

Was wir gemeinsam heut' im Rath beschlossen.

Nun, Guldberg, – sagt uns an, – was war's?

GULDBERG auf ein Papier blickend, das vor ihm liegt.

Die Majestät der Kön'gin war der Meinung, –

JULIANE ihn unterbrechend.

Ich nicht allein, die Herren meinten's alle.

GULDBERG.

Zwei Wege gäb's zum Sturze des Ministers.

Der erste wäre, die Armee allmälig

Sich zu gewinnen, und Graf Ranzau nur,

So meinten Ihro Majestät, vermöchte

Dies Heldenwerk, – dann mit den besten Truppen

Mit offener Gewalt –

RANZAU.

Das ist der Weg.

JULIANE.

Der wahre Bayard! Freilich ist's der Weg


Halblaut zu Ranzau.


Für Helden wie Graf Ranzau. Dächten Alle

Wie ihr, nicht zögern würd' ich und nicht wählen.


Laut.


Doch lieb' ich dieses Volk zu sehr und scheue

Das Blutvergießen. Les't doch weiter, Guldberg.

GULDBERG.

Dann bliebe nur noch, –[382]

JULIANE.

Ich erinn're mich.

GULDBERG.

Daß man den günst'gen Augenblick erspähte,

Den König überraschte, wenn ein Zufall

In ohne Wächter läßt, und dann sogleich

Ihn zwingt mit Güte oder mit Gewalt ....

RANZAU.

Gewalt, wo steht das?

GULDBERG.

Hier.

JULIANE.

Les't weiter, Guldberg.

GULDBERG.

Sogleich ihn zwinge, den Verhaftsbefehl,

Der vorbereitet stets zu halten sei,

Des Struensee und Brandt zu unterschreiben.

JULIANE.

Wär' weiter Niemand zu verhaften?

GULDBERG.

Hier

Steht Göhler noch und Falkenschiold.[383]

JULIANE.

Zur Vorsicht

Fügt doch hinzu, die Königin Mathilde.


Während Guldberg schreibt, tritt ein Kammerdiener ein, der der Königin einen Brief giebt.


JULIANE den Brief entsiegelnd.

Sieh' da! Aus Friedrichsburg von unsrer Gräfin.


Zu Ranzau.


Ein Muster selt'ner Treue, diese Uhlfeld.


Lesend.


Die gute, liebe Gräfin, – – In der That!

Man war zu Roß. – Graf Ranzau, sagt mir doch,

Seit welcher Zeit ist's Brauch in unserm Lande,

Daß Königinnen sich wie kecke Männer

Zu Rosse wagen? – Immer besser! Hört,

Zunächst der Königin war stets, –


Zu Ranzau.


Ihr rathet's,

Der ärztliche Minister! Wir erleben's,

Wenn wir nicht bald zu rascher Hülfe schreiten,

Daß er noch kühner wird und endlich sich

Wird krönen lassen auf dem Thron von Einhorn,

Auf dem man Dänmarks Kön'ge salbt. – Vortrefflich!

Der Aufruhr hat, wie ich gehofft, Entsetzen

Verbreitet! Der Minister, – Seh' ich recht?

Kann ich den eignen Augen trau'n? Les't ihr's,

Nicht glauben kann ich es. – –
[384]

RANZAU der von der Königin den Brief empfangen, liest.

»Als der englische Ambassadeur das Zimmer der Königin verlassen, blieb Ihro Majestät allein – –«

JULIANE ihm den Brief entreißend, halblaut zu Ranzau.

Mit ihm,

Und keine ihrer Damen war zugegen.

Das ward noch nicht erhört, und dulden sollt' ich's,

Daß man den König und mein ganzes Haus

Entehrt durch die verächtliche Gemeinschaft?

Graf! wüßte man's, l'Europe en frémiroit,

Man soll es wissen. – –

EIN KAMMERDIENER.

Eure Majestät!

Ich hab' Unglaubliches zu melden.

JULIANE.

Nun?

KAMMERDIENER.

Der König ist in Kopenhagen.

ALLE.

Wer?

KAMMERDIENER.

Der König und der ganze Hof. Mein Sohn

Kommt eben von dem Schloß und meldet mir's.

Es ist ein Rennen drüben und ein Laufen, –[385]

Denn Keiner war der Majestät gewärtig.

Auf Morgen ist ein großes Maskenfest

Im Schlosse angesagt.

JULIANE.

Sind wir verrathen?

RANZAU.

Ich fürcht' es nicht.


Ein zweiter Diener kommt eilig.


Was bringst du?

DIENER.

Ein Page von der Königin Mathilde ....

JULIANE.

Zu mir, – um diese Stunde, –

DIENER.

Seine Botschaft

Sei dringend, sagt er. –

JULIANE.

Hält des Grafen Wagen?

DIENER.

Und aller dieser Herr'n, – wie ihr's befohlen,

Im zweiten Schloßhof, Majestät.

JULIANE.

So weiß der Page nicht, wer hier versammelt?[386]

DIENER.

Er kann's nicht ahnen, daß ihr nicht allein seid.

JULIANE.

So bring' ihn her.


Diener ab. Zum Kammerdiener.


Du aber führest mir

Die werthen Gäste in den Marmorsaal.

Laßt euch das Warten, edle Herren, nicht

Verdrießen. Nur die Botschaft will ich hören,

Und denke, wir berathen dann – Er kommt!

Hinweg!


Quelle:
Michael Beer: Sämmtliche Werke. Leipzig 1835, S. 381-387.
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