[500] Officier, Köller-Banner mit seinen Adjutanten, Pfarrer Struensee, von seinem Diener begleitet; der Pfarrer wirft einen schmerzlichen Blick auf den Kerker, verbirgt sein Gesicht an des Dieners Brust und bleibt in dieser Stellung im Hintergrunde stehen.
OFFICIER zu Köller.
Wie, General, Ihr selbst bemüht euch her?
KÖLLER.
Es ist der Kön'gin Wille, ist mein Wunsch,
Mich selbst zu überzeugen, ob hier Alles
Geordnet ist, wie es befohlen worden.
War't ihr's, der dem Gefangenen das Urtheil
Gebracht? Empfing er's ruhig und gefaßt?
OFFICIER.
Der Held geht nicht gefaßter in die Schlacht,
Als er zum Blutgerüst. Jetzt ist er dort
Beschäftigt, seinen Freunden noch zu schreiben.
KÖLLER.
Laßt ihn gewähren, bis die Stunde ruft.
Dann aber gebt wohl Acht, daß er nicht zög're.[500]
Das Volk erwartet ihn, und soll nicht murren.
Der Platz des Hochgerichtes wird umstellt
Mit sichern Truppen. Sorgt, daß kein Versäumniß
Die Sicherheit der Hauptstadt störe. Brandt
Geht ihm voran, – und folgt dann Struensee,
Besteigt er das Gerüst, so laßt die Trommeln
Im Wirbel schlagen, daß das Volk ihn nicht
Vernehme, wenn er's wagt, es anzureden.
OFFICIER.
Er wird es nicht, – es scheint, er hat die Rechnung
Mit Gott, mit sich und mit der Welt geschlossen.
KÖLLER.
Wenn er's vermochte, that er wohl! Es ist
Mein Wille ferner, daß man ihm gestatte,
Mit diesem Manne hier allein zu reden.
Der Pfarrer Struensee bleibt unbeweglich in seiner Stellung.
Es ist sein Vater.
OFFICIER erschüttert.
Großer Gott! Er kommt.
Wird euch sein Anblick nicht bewegen? Wollt ihr
Euch nicht entfernen?
Köller geht rasch zur Pforte, dort aber bleibt er plötzlich stehen.
STRUENSEE tritt ein, der Officier steht ihm zunächst, indem er ihm die Briefe giebt.
Diese Briefe sind – –
Köller wendet sich und begegnet Struensee mit einem festen, durchdringenden Blick, den dieser mit Würde und Fassung erträgt; dann geht Köller rasch ab; alle Officiere folgen ihm.