Einundzwanzigste Scene.

[29] Vorige, Chor der Geister [aus Versenkungen] treiben Gulf, ihn umtanzend, in die Flammen.


GEISTER.

Hinein, hinein!

In den flammenden Reih'n!

Es kühlet die sausende Gluth

Das üppige, lüsterne Blut!


Stürzen mit Gulf in die Flammen.


GULF sucht zu entrinnen.

Hinweg! Ha, fürchterlich!

Zurück! Ach, rettet mich![29]

Laßt ab! Zurück!

O grauenvoll Geschick!

Verflucht sei dieser Augenblick!

Ach, rettet, rettet mich!

CHOR.

Entsetzen! O Schreckensgeschichte!

Er stürzet sich selbst in die Gluth!

So strafen des Himmels Gerichte

Den Frevler am eigenen Blut!

KUNIGUNDE.

Erfüllt ist mein Verlangen,

Kein Traum ist dieses Glück!

HUGO.

Ich halte dich umfangen,

O seliges Geschick!

FAUST d. Liebenden anstarrend.

In den Himmel ihrer Augen,

Heißgeliebt in keuscher Brust,

Ueberselig untertauchen:

Kein Gedanke faßt die Lust!

Und mit leerem Wunsch ihn sehen,

Selig und verdammt zu sein,

(Mag die Welt in Trümmer gehen,

Dieser Himmel werde mein!)

MEPHISTOPHELES höhnisch nach Faust blickend.

Angefacht ist sein Verlangen,

Mächtig bricht die Gluth hervor!

In der Sinne Netz gefangen

Liegt besiegt der stolze Thor!

An des Weibes Reiz zerschellet

Ist des Geistes kecker Plan,

Was des Frevlers Busen schwellet,

Ist der Hölle Angelzahn!

Im Abgehen winkt Mephisto mit der Hand, das Schloß stürzt mit Krachen zusammen. Der Chor bildet eine Gruppe des Schreckens.
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Quelle:
Louis Spohr: Faust. Leipzig [o. J.], S. 29-31.
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