Dritte Scene.

[11] Wohlhaldt, Wagner, Kaylinger und Moor sitzen zechend am Tisch.

Nr. 4. Trinklied mit Chor.


WOHLHALDT.

Der Wein erfreut des Menschen Herz,

Der alte Spruch hat Recht!

Der Wein erweckt zu Lust und Scherz,

Macht gleich dem Herrn den Knecht!

D'rum lieben wir nach altem Brauch

Den gottgegeb'nen Nektar auch,

Den Wein, den Wein, den Wein!

ALLE.

D'rum lieben wir nach altem Brauch u. s. w.

WOHLHALDT.

Er ist des Menschen bester Freund,

Er öffnet Herz und Mund,

Und wenn es einer übel meint,

So macht er's treulich kund.

D'rum lieben wir nach altem Brauch

Den gottgegeb'nen Nektar auch,

Den Wein, den Wein, den Wein!

ALLE.

D'rum lieben wir nach altem Brauch u. s. w.

WAGNER.

Wo Faust nur bleibt? es ist bald Mitternacht!

WOHLHALDT.

Schweig' doch! und laß uns singen! –

Doch wer ihm den Respekt versagt

Und ihn zu meistern denkt,

Der wird von ihm auch baß geplagt

Bis er das Fähnlein senkt.[11]

D'rum lieben wir nach altem Brauch

Den gottgegeb'nen Nektar auch,

Den Wein, den Wein, den Wein!

ALLE.

D'rum lieben wir nach altem Brauch u. s. w.


Recitativ.


WOHLHALDT.

Der Wein soll leben!

WAGNER, KAYLINGER, MOOR.

Ja, der Wein soll leben!

WOHLHALDT.

Und Faust und unsre Nachbarin,

Des Goldschmieds schönes Röschen!

WAGNER, KAYLINGER, MOOR.

Des Goldschmieds schönes Röschen!

WOHLHALDT.

Die hält ihn, glaub' ich, endlich fest.

KAYLINGER aufstehend, unwillig.

Deshalb so lange hier zu liegen!

MOOR aufstehend.

Wahr ist's! Wohl gar versäumen wir

Die Kaiserkrönung d'rum zu Aachen.

KAYLINGER.

Wenn das nur wäre! Aber glaubt es mir:

Wir müssen noch zu Grunde gehen,

Wenn wir nicht bald von hinnen ziehen!

Faust treibt's ja ärger als ein König.

Die Armen aus der ganzen Stadt

Sind reich durch ihn; sich selbst und uns

Macht er zuletzt zu Bettlern noch.

MOOR.

Nicht sorge!


Geheimnißvoll.


Er versteht ja Gold zu machen.

KAYLINGER.

Und dann die Liebe zu dem weinerlichen Röschen.

WOHLHALDT aufstehend.

Nichts gegen sie! Sie ist ein Engel!

KAYLINGER.

Doch darum Alles zu vergessen,

Was Großes, Schönes er gewollt!

Uns hier so müßig liegen lassen, –

Nein, das ertrag' ich länger nicht!

WAGNER aufstehend.

O schäme dich, des Freundes Thun

Zu lästern hinter seinem Rücken!

KAYLINGER.

Wenn zur Veränd'rung doch 'mal wieder

Der Mensch mit grämlichem Gesichte,[12]

Der hämische Mephisto käme;

Der brächte etwas Leben doch

In dieses ew'ge Einerlei!

WAGNER.

Nicht schmähe ihn, er ist Faust's Freund!

KAYLINGER.

Der Teufel mag er sein!

Der sieht nicht aus wie eines Menschen Freund.

Doch nun genug! Ich will's versuchen,

Im Schlaf den Aerger zu ersticken.


Durch die linke Seitenthür ab.


MOOR gähnend.

Der Freund erwartet längst auch mich.


Folgt ihm.


WOHLHALDT sich dehnend.

Mit dir allein noch hier zu bleiben,

Behagt mir nicht, d'rum – gute Nacht!


Ab.


WAGNER sich setzend.

Mit ihm wohl leben wollen sie,

Doch thut ihm Keiner was zu Liebe!


Ggähnend.


Ich werde wachend ihn erwarten!


Stützt sich auf den Ellbogen.


Es freut ihn, wenn er spät heimkehrt,

Mich munter noch zu finden!


Schläft ein.


Quelle:
Louis Spohr: Faust. Leipzig [o. J.], S. 11-13.
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