Fünfte Scene

[26] Käthchen kommt aus der Seitenthür, in reicher Bürgertracht, hat ein Pergament in der Hand und liest. Peter.


KÄTHCHEN.

O heil'ge Jungfrau, keusch und rein,

Schau in des Herzens tiefen Schrein![26]

Wie sieht's doch da so finster aus!

Da ist nicht Trost noch Freud zu Haus!

Es ist mein Aug' von Thränen schwer,

Wo nehm' ich doch wohl Balsam her? –

Woher? Kleinmüthig Herze mein,

Zur Jungfrau schau, in mildem Schein

Breit't sie die Arme uns entgegen

Und lehrt uns geh'n auf Gottes Wegen!

Und lehrt das tragen demuthsvoll,

Was Gott befiehlt, ein Christe soll! –


Ach, wie schön, wie herzerhebend ist der fromme Spruch! Wie herrlich ist die Kunst, die der erfand, von dem das herrliche Wort kommt! –

PETER tritt vor. So Jungfrau Käthe, schreit's noch etwas lauter in die Stadt hinein.

KÄTHE verdrießlich. Was, Herr Peter? – daß der Guttenberg die herrliche Kunst erfand, die mir so viele Freude macht? – Ei, dazu braucht's wohl meine Stimme nicht! – Wenn nur erst das heilige Bibel-Buch fertig ist, dann wird's alle Welt wiederhallen, daß es der Guttenberg ist, dessen Geist der Herr zu solchem Gedanken erweckt! – Weiß man es nicht jetzt schon? – Hat er nicht das fromme Sprüchlein hier gedruckt; hat's ausgestreut in den Kirchen, und Vielen, gar Vielen haben's die frommen Brüder Jesu verständlich gemacht, und sie freuen sich d'ran wie ich, und erheben ihr Herz zur heiligen Jungfrau!

PETER. Ihr seid eine Thörin, Käthchen! Begreift Ihr denn nicht, daß alles Verdienst Eurem Vater, dem Ehrenmann zukommt? und daß ich wohl auch mein Scherflein zu der edlen Kunst beitrug?

KÄTHE. O ja, Herr Peter! Ihr habt erfunden, wie man schöne Buchstaben von Metall gießt, die der fleißige Guttenberg früherhin in Holz und Blei schnitt. Ei, das ist wohl ein Verdienst, der Meister lobt Euch auch darum, und sagt, Ihr hättet ihm die schwere Arbeit dadurch gar sehr erleichtert2.[27] Aber so Ihr sagt, mein Vater hätte alles Verdienst, so lügt Ihr! Dem ist nicht so.

PETER. So? – Als der Guttenberg von Straßburg herkam, hat er da nicht laborirt, Jahrelang, bis all sein Gut dahin und am Guttenberger Hof kein Stein mehr sein eigen war? Wäre Euer Vater nicht zur rechten Zeit erschienen, so hätte Guttenberg längst im Schuldthurm seinen Ehrgeiz und seine Kunst vergessen.

KÄTHE. Nimmermehr! denn selbst im Schuldthurm bliebe er noch immer der Erfinder – Ihr nur seine Werkzeuge, wie Presse und Typen, wie Druckerschwärze und Pergament! – Schämt Euch, Peter Schöffer, daß Ihr von meines Vaters Gelde redet! Der Vater kann sich glücklich preisen, daß er gewürdigt ward, durch sein todtes Metall dem Manne dienen zu können, der das Todte lebendig, das Lebendige unsterblich macht! – Er giebt Euch ja den Gewinn, Ihr kleinen Seelen – laßt ihm den Ruhm, den Euer Hauch doch nie trüben kann!

PETER. Ei, ei, Jungfrau Käthe, wie wird Euch denn? Ich kenne Euch nicht mehr?! – Euer Gesicht glüht, Ihr macht Gebehrden, als wolltet Ihr geradezu gen Himmel fliegen.

KÄTHE glühend. Höhnt mich nur, Herr Peter, ich verstehe Euch gar wohl! Die Eifersucht läßt Euch den großen Mann schmähen. Ja, hört es immerhin, ich mag Euch nicht, und ich wollte lieber in Guttenbergs Armen als Leiche liegen, denn neben Euch vor dem Altar, den Brautring in der Hand. Immer hitziger werdend. Und wenn es wahr ist, was die Leute sagen, wenn Ihr dem Vater so schön thut meinetwegen, so habt Ihr Euch um eine Seifenblase gequält, denn Euer werde ich nie, niemals, eher mag die Bahre mein Brautbett sein! –

PETER bestürzt. Käthchen –[28]

KÄTHE. Nicht Käthchen – Jungfrau Katharina bin ich für Euch, Geselle, bin Eures Meisters Tochter, und habe keine Tonne Salz mit Euch verspeist!

PETER herausfahrend. Oho, hoffärthiges Jungfräulein, nicht allzu trotzig! Wenn Euer Vater will, bin ich nicht mehr Geselle, bin sein Sohn, und daß er's will, werdet Ihr noch heute erfahren!

KÄTHE schlägt die Hände zusammen. Meines Vaters Sohn? – Ach heil'ge Mutter Gottes, der Vater wird mich doch nicht zwingen wollen?


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Johannes Guttenberg. Berlin 21840, S. 26-29.
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