Fünfte Scene

[47] Käthchen steht eine Weile starr und sprachlos.


KÄTHCHEN. Sie – sein Weib! Sie bedeckt das Gesicht. Pause. Was weine ich, was stockt mein Blut im Herzen? – so nährte ich noch sündige Hoffnung – so war sie noch nicht getödtet diese Liebe, die ich so tief begraben hatte in mein gebrochenes Herz! – Sie sieht ihr nach. Diese hohe Gestalt, diese edlen Züge – wie sollte er sie nicht lieben? Begeistert. Und ich habe sie ihm wiedergegeben, ich habe ihre Seele erleuchtet, das Werk seiner Befreiung ist mir gelungen – was weine ich denn, Schluchzend. warum ist mir denn, als sollte ich mir gleich zur Stelle mein Grab suchen? –


Man hört hinter der Scene den Choral von Frauenstimmen. Käthe steht lauschend, ihre Züge werden milder, sie tritt ganz in den Vorgrund, die Nonnen ziehen wie vorhin, von dem Kirchhof kommend, im Hintergrunde vorüber.


Was ist das? da wandeln die frommen Frauen den Kreuzgang hinab, mit wehenden Fahnen und brennender Kerze. Sich besinnend. Ach ja, sie begraben eine Schwester mit Prozession und Gebet. Sie faltet die Hände und sieht ihnen betend nach, bis sie vorüber sind. Wie mild und ernst sind ihre Züge, der Friede wohnt in diesen stillen Mauern, Ruhe blickt aus ihren Augen, des Lebens Stürme liegen hinter ihnen gefesselt, Wunsch und Klage sind ihnen fremd!


Pause. Der Gesang zieht sich nach und nach mehr in die Ferne, sie geht mit gesenktem Haupt ein paar Schritte, bleibt in der Mitte der Bühne stehen, faltet die Hände über der Brust, und scheint zu beten. – Ihre Züge werden ruhig, – plötzlich scheint ein Gedanke in ihr aufzusteigen.


Wie sagte sie? Gott möge Dir den Pfad zur höchsten Glückseligkeit zeigen? Entschlossen. Er hat mir ihn gezeigt, der Pfad liegt offen und geebnet vor mir! Des Vaters Sünde werde ich sühnen, die strafbaren Wünsche meines Herzens büßen, und beten für sein Wohl, bis einst die Lilie auf meinem Grabe blüht, und ewiger Friede die Entsagende belohnt! – Ja – mein himmlischer Vater, ich will den Pfad[47] betreten! –


Sie sinkt langsam, die Hände zum Gebet über der Brust gekreuzt, auf die Knie. Der Gesang tönt in der Ferne fort, bis der Vorhang fällt, ohne jedoch den Dialog zu stören.


Ende des zweiten Akts.


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Johannes Guttenberg. Berlin 21840, S. 47-48.
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