Sechste Scene

[52] Guttenberg allein.


GUTTENBERG er sitzt an dem Tisch, sein Bart ist länger als früher, sein Gesicht ist bleich; einige Bogen Pergament liegen vor ihm, auf welche er tiefsinnig niederschaut. Nach einer Pause steht er auf. Es ist kein Zweifel, es muß sich mit der Zeit ein Mittel finden, um die Buchstaben klarer zu sondern, und die Reihen enger zusammen zu rücken, ohne der Deutlichkeit zu schaden. Stehen bleibend. Bin ich nicht ein Thor, ich quäle mich mit Plänen, mit Verbesserungen meiner Erfindung, und werde nie in meinem Leben wieder eine Presse besitzen, vielleicht nie mehr der Freiheit mich erfreuen! Er tritt zu einem kleinen vergitterten Fenster. Wie lacht die Sonne so hell und mild – wie stolz fluthet dort der Rhein, frei strömt er durch das Land, dessen Ufer er segnet! Er legt die Arme übereinander. Dort wandeln die Menschen fröhlich über die Brücke, die bunten Festtagskleider flattern lustig um sie her im frischen Winde, und Keiner denkt des Guttenberg, der sehnend aus seinem finstern Thurm die Arme in die Weite breitet, und hier schmachtet, ein siechendes Opfer finstrer Grausamkeit! – Er legt die Hand über die Augen, nach einer Pause. O bedaurungswerthes, blindes Geschlecht der Menschen! So ächtest Du denn ewig Deine Wohlthäter, und drückst ihnen für jedes große Werk den glühenden Stempel Deines Undanks auf, daß er, Dich schändend, weithin durch die Nachwelt leuchte! – Und dennoch bebt der Genius nicht vor dem Brandmal zurück, und erweckt Dir wieder und ewig wieder dort Erndten, wo Du mit rohem Fuß die Saat zertratst! – So war's von Anbeginn, so ist es noch, und so wird's bleiben; von der Gegenwart erwarte Keiner Lohn, der in Zukunft leben will![52]


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Charlotte Birch-Pfeiffer: Johannes Guttenberg. Berlin 21840, S. 52-53.
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