1.

[262] Die Hölle ist eine unterirdische Welt, mit Berg und Thal, Aeckern und Wiesen, Seen und Teichen, mit Häusern und Hausrat. Denn in der Hölle gibt es einen Backofen, eine Küche, Kessel und Häfen; der Teufel hat eine Stube, ja er muß sogar einen Stadel haben, wozu hätte er einen »Mähnebuben«? Ja, mit Gunst zu sagen, hat er sogar einen Abtritt, der ist vor dem Höllenthor, und man sagt etwas, das der Teufel hier mit losen Mäulern thue. Wie man's an der Stubenthür nicht selten bildlich dargestellt findet, führt eine breite Straße der Hölle zu, Fidler und Schwebelpfeifer voraus, hintendrein hüpft Paar und Paar nach dem Spruch des Kapuziners: »D' Schuh rab, der Höll' zu!« Denn barfuß tanzt man dem Teufel zu, nach dem Liedlein: »Zum Zipfel, zum Zapfel, zum Hennenloch nein, Alles muß versoffen sein, Strümpf und Schuh, lauft dem Teufel barfuß zu!« Es gibt aber auch noch Nebenwege in die Hölle. Zum Exempel bei Altshausen, wo ein Schütze in die Erde versunken, in den tiefen »Gumpern« der Donau, in allerlei Weihern und[262] Brunnen, wie im Mummelsee. Tractirt der Teufel seine Unterthanen auch mit der »Schürgabel«, so ist es doch zu Zeiten gar lustig in der Hölle, denn nach dem Volkswitz »kommen alle schönen Mädchen in die Hölle« und laufen ihnen die Buben halt nach. Der Teufel ist gewissermaßen ein Gentleman, denn es gibt Kerls, die er um keinen Preis in seine Sippe aufnimmt – die dem Teufel zu schlecht sind. Man hält den Teufel für dumm, ja man sagt sogar, der und der ist dummer als des Teufels Ranzen am letzen Theil! Nicht minder ist er sehr unfläthig, und es soll von vielen garstigen Verrichtungen, die ihm zugeschrieben werden, gesagt sein, daß er die verdammten Seelen da hineinfahren lasse, wo die neunmalneunundneunzig Schneiderlein dem Bock entfahren. Der Teufel hat bloß Mutter und Nahne, denn er gehört einem »ledigen Pack«. Die Alte muß keine Schönheit sein, weil man beim Anblicke eines häßlichen Weibes zu sagen pflegt: »Die ist wüster als des Teufels sein' Nahne!« Weiters möge vermeldet werden, daß der Satan ein guter Läufer ist, wenigstens sagt man wohl nicht umsonst von einem ausgezeichneten Läufer: »Der lauft dem Teufel ein Ohr weg.« Der Beine halber hält man ihn nicht für so geschickt, dem menschlichen Fuß Aehnliches zu leisten, weßhalb man von sehr unwahrscheinlichen Ereignissen sagt: »Und wenn der Teufel auf Stelzen käm!«

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 262-263.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sagen, Märchen, Volksaberglauben
Sagen, Märchen, Volksaberglauben