Zehnter Auftritt.

[54] Gutherz, und die Vorigen.


EHRENWEHRT. Es ist gut, mein Herr, daß sie kommen, sonst wären wir in Zank gerathen.

GUTHERZ. Ey, ey, wenn Verliebte sich zanken, das ist ein gutes Zeichen. Jedoch mir deucht, der Zank muß nicht weit her gewesen seyn, denn sie sehen alle so vergnügt aus.

EHRENWEHRT. Wir haben uns zankend vereiniget, daß Herr Sittenreich der Bräutigam meiner Schwester, und Jungfer Charlotte meine Braut seyn soll.

GUTHERZ. Ich glaube, daß sich mancher auf die Weise gerne einmal zankte. Inzwischen nehme ich gar vielen Theil an ihrem Vergnügen, und wünsche ihnen von Herzen Glück; allein das macht mir Sorge, daß mein Schwager damit nicht friedlich seyn wird. Er stehet in den Gedanken, daß Herr Ehrenwehrt eine Absicht auf seine Jungfer Tochter habe; und er wird abscheulich schmälen, wenn er hören wird, daß sie von der Jungfer Charlotte ausgestochen worden.

EHRENWEHRT. Mein Herr Gutherz, es ist würklich an dem, daß ich die Meinung gehabt habe, die Jungfer Tochter des Herrn Grobian zu heirathen. Nachdem ich sie aber gesehen, und ihre schlechte Erziehung wahrgenommen habe, so habe ich meine Meinung geändert. Im Heirathen muß man seiner eigenen und nicht anderer Leute Neigung folgen, und also sagen sie nur meinenthalben dem Herrn Schwager: daß ich zwar gesonnen, meine Freiheit zu verkaufen, aber nicht um einen so schlechten Preis, als seine Tochter.[54]

CHARLOTTE. Sagen sie der Jungfer Susanna meinetwegen: Sie könne sich mit gutem Gewissen einen schlechtern Freier erwählen.

GUTHERZ. Ich werde ein unangenehmer Bote seyn Jedoch, was ist zu thun?


Ende des zweeten Aufzuges.


Quelle:
Hinrich Borkenstein: Der Bookesbeutel. Leipzig 1896, S. 54-55.
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