Siebenter Auftritt.

[48] Sittenreich, und die Vorigen.


AGNETA. Mein Sohn ich habe eurentwegen schon Thränen vergossen.

SITTENREICH. Ich danke der Frau Mutter für alle Liebe, die sie mir erweiset; ich beklage aber, wenn meine Aufführung hiezu Anlaß gegeben.

CAROLINA. Ihrer Frau Mutter ist bange, daß sie eine Frau kriegen, welche sie an den Bettelstab bringet.

SITTENREICH. Ey, Frau Mutter, was ist das für[48] eine Sorge? Wenn der Himmel einfiele, das wäre ein Unglück.

AGNETA. Spottet nur, die Zeit wird kommen, da ihr an mich gedenket.

SITTENREICH. Ich werde Zeit Lebens an die Frau Mutter gedenken, aber nicht an diesen Einfall.

AGNETA. Ich muß erst recht ausweinen, alsdenn hoffe ich sie wieder zu sehen.


Geht weinend ab.


SITTENREICH. Meine Mutter so wohl als mein Vater, haben eine ganz ausserordentliche Geschicklichkeit sich selber zu quälen. O, wie bin ich ihrer Gesellschaft überdrüßig! Ich habe schon oft mir einen eigenen Heerd gewünschet, um mein Brodt in Ruhe und Frieden zu verzehren; allein ich habe solchen nicht finden können. Schönste Carolina! sollte sich anietzo wohl Gelegenheit dazu zeigen? Ich glaube, der Himmel hat sie hergesandt, mich von diesem verdrießlichen Umgange zu befreyen.

CAROLINA. Ich wüste nicht wie dieses zngehen sollte. Kann ich aber zu ihrem Vergnügen etwas beytragen: so versichere ich ihnen, daß solches gerne geschiehet.

SITTENREICH. Mein einziges Vergnügen, meine Befreyung von einem verdrießlichen Umgange, mein Leben, ja meine ganze Wohlfahrt beruhet in dem Besitz ihrer wehrten Person.

CAROLINA. Ich habe mich nach meiner Eltern Tode gänzlich der Aufsicht meines Bruders übergeben, und bin also auch entschlossen, keinen andern Liebsten zu wählen, als welchen er mir vorschlagen wird. Sollte inzwischen seine Wahl auf sie fallen; so versichere ich ihnen für mein Theil, daß ich an ihrer Person nicht das geringste auszusetzen weiß.

SITTENREICH. Ich bin mit dieser Erklärung vollkommen zufrieden, und um dero Herrn Bruders Ausspruch zu hören, wollen wir uns so gleich zu ihm begeben.

CAROLINA. Da kommt er so eben her.


Quelle:
Hinrich Borkenstein: Der Bookesbeutel. Leipzig 1896, S. 48-49.
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