Fünffter Aufftritt.

Orsanes, Clerida, Elmira die fischet.


CLERIDA.

Kan meine Treu Orsanen nicht bewegen?

ORSANES.

Ich komm' hier.

Um Elmir,

Nicht deinetwegen.


Wendet sich zu Elmira.

Aria.


Mein Elmir,

Meine Sonne /

Meiner Seelen Freud und Wonne /

Ist bey dir

Für mich Armen

Kein Erbarmen?

Mein Elmir,

Meine Sonne!

CLERIDA.

Nimm Clerida, und laß Elmir.

ORSANES.

Ich rede nicht mit dir.


Elmira fähret fort im Fischen / sich stellend / ob höre sie Orsanes nicht.

Aria.


ELMIRA.

Mein Angel fänget nicht /

Er werde denn gefangen /

So ist mirs auch ergangen;

Ein holdes Angesicht

Hat mir mein Hertz' entrückt /

Wie seines ward bestrickt.

2.


Ihr stummen Fische seyd

Dem gleich / den ich muß lieben /

Der ist auch stumm geblieben;

Doch merckt den Unterscheid /

Ihr lebt in kalter Fluth /

Er stets in heisser Gluth.

ORSANES.

Du stellest dich / als hörstu nicht /

Wie? oder meinestu / es werde sich gebühren /

Weil Atis stummer Mund nicht spricht /

Daß du must dein Gehör verliehren.

ELMIRA.

Schau Clerida, die dir schon Antwort giebet.

ORSANES.

Ich rede nicht mit ihr.

ELMIRA.

Ich höre nicht nach dir.

CLERIDA.

Lieb doch / Orsanes, die dich liebet.

ELMIRA.

Sie ist ja mehr als Liebens-werth /

Und ich bin dir vom Himmel nicht beschehrt.

ORSANES.

Werd ich so hart betrübet?

ELMIRA, CLERIDA.

Lieb doch / Orsanes, die dich liebet.


Orsanes und Elmira treten ab.

Aria.


CLERIDA.

Sol dann so grosser Hohn

Seyn meiner Liebe Lohn?

Ach / Clerida, bestreite

Die blinde Liebes-Macht /

Damit Vernunfft dich leite /

Zu fliehen den / der dich verlacht!

2.


Ich Unglückselge! ach!

Mein Hertze ist zu schwach /

Und die Vernunfft muß weichen;

Da mich die Hoffnung nährt /

Ich werde noch erreichen

Das / was mein Hertz hält Liebens-werth!


Quelle:
Reinhard Keiser: Der hochmütige, gestürzte und wieder erhabene Croesus. Hamburg [1711], unpaginiert.
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