XLIII. Vom Wunder-Geschöpff GOttes auf der Erden.

[679] Gleichwie GOtt / der allweiseste Schöpffer, den Himmel zu seiner Wohnung erschaffen, gleicher Weise hat er auch den Erdboden zu der Menschen und Thiere ihrer Wohnung und Mutter bereitet: dann er empfähet uns, wann wir gebohren werden, er träget und ernähret uns, weil wir leben, und letztlich empfähet er uns wieder in seinen Schooß und behält unsere Cörper, bis zum jüngsten Tage, da er hernach mit der Seelen hinauf gen Himmel genommen wird, wann der Mensch zuvor seinen Schöpfer und Erlöser nach dem Göttlichen Wort erkannt, und gelobet hat.1

Wann wir nun dieses Erdbodens Grösse / nach gelehrter und Hocherfahrner Männer Ausrechnung betrachten, so finden wir solchen in seiner Circumferenz oder Umkreiß 5400. Teutsche Meilen, auf welcher Revier so mancherley Creaturen anzutreffen, die wir Europäer alle bewundern müssen.2 Diese admirable Geschöpfe GOttes aber ein wenig zu überlegen, so kommen uns an frembden[680] den Thieren für, sonderlich das Nasen-Horn, so in Ost-Indien zu finden, und wegen seines Horns, so es auf der Nase hat, auch seinen Nahmen bekommen.3 Es soll solches seiner Grösse wegen dem Elephanten nichts nachgeben, wiewohl es viel kürtzere Beine hat, und deswegen nicht so hoch ist, so streitet es doch mit dem Elephanten, und kan denselben mit seinem Horn, womit es jenem den Bauch aufritzet, übermeistern, wiewohl dieses auch seinen Meister wieder haben soll. Von Camerario, Æliano, Gesnero und andern wird es beschrieben, daß seine Gestalt recht wunderlich und seltsam sey: denn am Kopf siehet es einem wilden Schwein gleich, auf der Nasen hat es ein unausgehohltes Horn einer Ellen lang, äusserlich schwartz und grau, inwendig weißlecht, aber sehr starck und schwer, wird in einen halben Mond gekrümmet, unten dick und oben spitz, wie ein groß Ochsen-Horn. Noch ein ander Horn hat es auf dem Rücken, welches doch viel kleiner und nur einer Spannen lang seyn soll; daß aber einige schreiben, solches wäre an seinem Leib mit vielen harten Schalen bedecket, und gleichsam wie mit einem Harnisch versehen, ist ein bloß ertichtetes Mährlein, so daher mag entstanden seyn, weil die Haut an diesem Thier des Elephanten Haut gleichet, und schwartz-grau und ohne Haar ist, auch in Seiten und auf dem Rücken viel tieffe[681] Runtzeln hat: und weil solche von den Mahlern also abgebildet werden, vermeinen einige, daß es dergleichen harte Schalen und Pantzer habe.

Wundersam kommet auch unsern Augen für das Stachel-Schwein / so im Lateinichen Histrix genannt wird, solches ist eine Art von Igeln / und findet sich in Ost-Indien / ist so groß als bey uns ein Schweinlein von 2. Monathen, hat einen Kopff wie ein Caninichen, die fördern Füsse als ein Dax, und die hintern Füsse wie ein Bär, auf der Stirn einen langen Strauß, über den gantzen Leib aber hat es lange spitzige Stacheln, welche Glied-weise, bald braun, bald weiß gebildet, und sonsten von den Mahlern zu Pinselstielen gebrauchet werden.4 Wann man dieses Thier zornig machet, wirfft es die Stachel wie Spiese von sich; Es wird in diesem Thier, wiewohl nur bey wenigen ein Stein gefunden, der sehr kostbar gehalten wird, hat die Grösse einer kleinen Hassel-Nuß, von unterschiedlicher Form und Coleur, welche doch gemeiniglich Leberfarb oder weißlicht-grün aussiehet, glatt wie Seiffe anzugreiffen, wiewohl einige Narben, gleich wie Blatter-Gruben haben, wird von den Indianern Mostica de Soho und von den Italiänern Pedra del Porco genannt. Dieser Stein ist rar, in dem selten mehr als zwo oder drey unter[682] denjenigen Waaren, welche die Ost-Indische Compagnien zu Lißbon und Amsterdam groß zu verkauffen pflegen, gefunden, auch das Stück alsdann bis an 275. Holländische Gülden verkaufft, von den Materialisten aber pro 4. bis an 600. fl. Gehalten werden. Von diesem Stein wird in der Artzney-Kunst viel Rühmens gemachet, weil er aber sehr kostbar, so kan er gar wenig gebrauchet werden. Dessen Krafft und Eigenschafft ist in D. Valentini Material-Cammer Part. I. Cap. 18. p. 456. zu lesen.

Das Renn-Thier, davon wird auch viel Sagens gemachet; man findet solche in dem Orientalischen Lappland, ist eine Art wie Hirsche, sie haben zweyzinckigte Füsse, die rund als der Ochsen ihre, und Haar als Pferde, kurtz-zackete mit zartem Haar bewachsene Hörner.5 Ihre Milch dienet zum Getränck und Nahrung der Menschen; derer Haut wird gebrauchet zu Uberzügen der Bette und zu Pferde-Sätteln, ihre Spann-Adern werden als Hanff eingefädent, Zeuge damit zu nähen, ihr Fleisch ist sehr köstlich, und wann es eingesaltzen wird, so hält es sich lange Zeit.6 In Finn- und Lappland werden viel derer Rennthier gefunden, und daselbst an statt der Pferde gebrauchet. Wann in denen Landen ein Reisender von dem Wirth Rennthier zum Vorspann verlanget, und solche etwa abwesend, nimmet der Wirth ein Horn[683] und bläset die Thier damit zusammen / alsdann spannet er immer eines vor einen Schlitten, welcher wie eine Gondel gemachet ist, und auf 4. kleinen Balcken stehet, die an einem Stücke Holtz, das 2. Schuh länger als der Schlitten ist, angehefftet sind, wann sich nun die Reisende in den Schlitten gesetzt haben, bedeckt man sie mit Bären-Häuten, schnallt sie hernach mit einem ledernen Gürtel von Rennthieren unter den Achseln hinten auf den Schlitten an, und gibt einem jeden ein paar Gläser Brandwein, und in jede Hand einen mit Eisen beschlagenen Stecken, damit sie sich desselben für das Umwerffen bedienen können, wann sie einige Stämme und Klötzer antreffen möchten: Hierauf murmelt der Wirth denen Rennthieren etwas ins Ohr / wo sie die Reisenden hinführen sollen / da sich dann die Thier alsobald so gewaltig ausdehnen, und mit den Reisenden so schnell fortlauffen, daß es scheinet, als ob sie mit selbigen durch die Lufft flögen, sie lauffen über Berg und Thäler, und wann sie an den bestimmten Ort kommen, halten sie gantz plötzlich ein, und schlagen mit den Füssen auf die Erde.7 Diese Thier, sowohl Männlein als Weiblein tragen das Geweihe ein wenig höher als die Hirsche ihres, jedoch etwas krümmer und rauch, und hat nicht so viel Zacken; Sie sind von eben der Farbe wie die[684] Hirsche, nicht grösser, die Füsse ebenfalls gespalten, und starck wie der Ochsen ihre, und essen nichts als Mooß, welches in Lappland überflüßig wächset.8 Die Weiblein geben Milch wie Kühe, davon man Butter und Käse machet so gar gut; man spannet sie an 2. Deichseln, welche mit einem Riemen von Rennthier-Leder an den Schlitten angemachet sind, und also ziehen sie einen mit unglaublicher Behändigkeit fort.

Wann man die Rennthier in ein ander Land bringet, bleiben sie nicht lang leben; Sie bringen denen Finnen und Lappländern grossen Nutzen. Sie bekleiden sich auch mit ihren Fellen, nehen ihre Kleider mit derer Adern zusammen, polstern ihre Stühle mit derselben Haaren, machen aus ihren Adern Zügel und Bänder, womit sie zuweilen ihre Schifflein zusammen binden, ohne einiges Eisen, als welches ihnen gantz und gar mangelt: aus derer Hörnern machen sie Messer-Schalen und andern Hauß-Rath. In Museo Wormiano Lib. 3. cap. 26. stehet hievon über obgedachtes noch dieses: das eine Rennthier, so den Schlitten ziehet, gehet voran, und ist ihm der Zügel an die Hörner gebunden, das andre ist an den Schlitten gebunden und folget nach; Ist nun das erste vom Ziehen müde, so wird an dessen Statt das andre angespannet, und das erste folget hinten nach: solcher Gestalt wechseln sie mit einander ab, bis[685] die Reise verbracht ist.9 Ihre Müdigkeit zeigen sie damit an, daß sie still stehen, und die Zunge mit Keuchen aus dem Halse heraus stecken: Innerhalb 12. Stunden lauffen sie über hundert tausend Schritt.

Bey diesen Thieren ist also am allermeisten zu verwundern, daß ihnen ihr Wirth den Ort / wie weit sie gehen sollen / ins Ohr saget / und diese Thier solches auch genaue beobachten: Dann gelehrte Leut halten dafür, daß solches der Wahrheit gar nicht gemäß; oder es muß solches der ordinaire Weg und Ort seyn, den diese Thiere, gleich bey uns die Post-Pferde, offtmahls besuchet, und durch den vielen Gebrauch so gut gefasset haben, oder es müssen solche Finnen und Lappländer den bösen Feind zum Regierer über solche Thiere gebrauchen.10

Es beschreibet auch Happelius in Relat. Curios. Part. I. pag. 186. ein grausames Wunder-Thier /welches 1613. im Gehöltz bey Fontainebleau in Franckreich gefunden worden, so einem Wolff um den Kopff nicht ungleich sahe, ausser, daß es einen wunderlichen Rachen und lang heraus hangende Zunge hatte, dessen Hinter-Füsse wie eines Löwen und Greiffen, die Forder-Füsse wie eines Bären, und am Hinter-Bauch und Schweiff wie ein Windspiel gebildet war.11 Uber dieses, da es sonst[686] seine Nahrung von todten Pferden und Aas gehabt, hat es, eingezogenem Bericht nach, über 150. Menschen / mehrentheils Weibs-Personen / verschlungen. Viele berichteten dazumahl, daß sie dieses Ungeheuer mit grossem Schröcken in gedachtem Forst erblicket, und, weil es auf sie zugeeilet, hätten sie sich durch die Flucht und andere Hülff, seinem grausamen Rachen entziehen müssen. Diese Zeitung erschallete in der gantzen umliegenden Gegend, absonderlich als solch Raub-Thier das Vieh täglich von der Weyd wegrisse, und die Reisende auf der Strasse anpackete, dadurch die Leute auf 20. Meil umher furchtsam machete. Es mangelte aber an wachsamen Jägern nicht, die ihm nachspühreten, und es zu fällen trachteten. Es war aber alle Mühe vergebens, da andre hingegen so verzaget waren, und sich nicht getrauen wolten, fürchtende, der Schuß möchte ihnen nicht gerathen, und sie hernach dem Raub-Thier selbst zu Theil werden. Endlich wurden 12. der besten Schützen mit langen Röhren ausgesandt, welche sich auf einer Wiese hinter einem Gepüsch verbargen, und eine Weibs-Person eine Heerde Schaafe dahin treiben liessen, so dieselbe hüten muste.12 Sobald aber das reissende Thier die Schäferin erblickte, kame es aus dem Gehöltz hervor, und eilete auf die Schäferin zu, allein die 12. [687] Schützen feyreten nicht / sondern gaben allesammt Feuer / daß es / von so vielen Kugeln getroffen /notwendig fallen und verrecken muste. Es wurde alsobald ausgeweidet, und in dessen Gedärm noch ein Menschen-Finger mit einem güldenen Ring gefunden. Weil nun der König diß ungeheure Thier zu sehen verlangete, ward es auf einem Karrn nach dem Königlichen Schloß geführet, und hernach von jedermann, als ein seltsames Monstrum, angeschauet.

Wir wollen auch mit wenigem beschreiben die wilden Ochsen / welche sowohl in Ost- als West-Indien in grosser Menge zu finden seyn.13 Hennepin und de la Borde beschreiben selbige, wie folget: Als wir nichts zu essen hatten, funden wir einen monstrosen wilden Ochsen an dem Ufer, welchen kaum 12. Menschen herbey ziehen könten. Wann die wilden Indianer eine Heerde solcher Ochsen oder Rühe sehen, versammlen sie sich in grosser Anzahl, und zünden das dürre Graß um die Thiere an, lassen aber doch eine Passage mit Fleiß auf, wodurch sie gehen können.14 Dieses geschiehet an denjenigen Orten, wo sie sich mit ihren Blitzbogen und Pfeilen gesetzt und versteckt haben. Wenn nun diese Bestien dem Feuer entgehen und bey den Wilden vorbey lauffen[688] wollen, schiessen sie darauf / und erlegen öffters wohl hundert auf einen Tag / und theilen solche nach der Zahl und Nothdurfft der Familien, weßwegen sie, in grossem Triumph über solche Schlacht, ihren Weibern ruffen, das Fleisch zu hohlen, welche sich alsdann sogleich einfinden, und jede wohl 2. bis 300. Pfund auf sich laden, auf welche Last sie auch noch wohl ihre Kinder setzen, welches ihnen eben so schwer vorkommet / als wann unsere Soldaten ihre Musqueten auf die Achseln nehmen. Diese Ochsen haben an statt der Haare sehr zarte Wolle, welche an den Kühen viel länger ist, als an den Ochsen.15 Ihre Hörner sind fast gantz schwartz, und viel dicker, als der Europäischen Ochsen, aber etwas kürtzer, der Kopff ist abscheulich dick, mit einem sehr kurtzen, aber dicken Halß, so zuweilen 6. Spannen breit ist. Zwischen den beyden Schulter-Blättern haben sie einen Höcker, die Füsse sind dick und kurtz, mit sehr langer Wolle behangen, auf dem Kopff und zwischen den Hörnern haben sie schwartze Haare, welche ihnen über die Augen fallen und hangen, und dieselbe erschröcklich machen. Das Fleisch von diesen Thieren ist überaus safftig.16 Im Herbst sind sie sehr fett, weilen sie den gantzen Sommer durch in den Wäldern gehen und weyden, da ihnen das Graß bis[689] an den Halß gehet. Diese grosse und weite Länder sind so voll Wiesewachs und Weyden, daß es scheinen möchte, hier wäre das Element aller wilden Thiere und Ochsen. So findet man auch hier und dar kleine Wäldlein, wohin sich diese reririren, um allda zu wiederkäuen, und sich vor der Sonnen Hitze zu beschützen. Diese Thiere verändern auch das Land und ihre Wohnung nach Veränderung der Jahrs-Zeit und der Witterung. Wann sie gegen Norden sind, und vermercken, daß der Winter komme, gehen sie Süd-wärts nach den warmen Ländern, und zwar eines nach dem andern, daß man sie wohl also eine gantze Meile sehen kan; sie bleiben auch alle an einem Orte stille stehen, und wo sie ihr Lager gehabt haben, findet sich offt sehr viel Portulace, oder Burtzel-Kraut / dessen wir offt gegessen haben. Die Wege, wo diese Thiere gehen, gleichen den gebahneten Land-Strassen; sie schwimmen auch über die Bäche und Flüsse, um auf allen Seiten weyden zu können. Die wilden Kühe begeben sich in die Insuln /wenn sie kalben / damit ihnen die Wölff die jungen Kälber nicht fressen. Sobalden aber diese groß sind, daß sie ihren Müttern nachlauffen können, getrauen sich die Wölffe nicht, ihnen beyzukommen, anders sie von den Kühen getödtet würden. Die wilde Leute gebrauchen diese[690] Vorsichtigkeit bey ihrer Jagd, um diese Thiere nicht aus ihrer Gegend zu jagen, daß sie ordentlich keine, als diejenige, verfolgen, welche mit den Pfeilen verwundet sind, die andern lassen sie frey davon lauffen, und vermehren sich diese Thiere dergestalt, daß / ob man schon eine grosse Anzahl erleget / des folgenden Jahres eine viel grössere Anzahl derer verspühret wird. Die wilden Weiber spinnen die Wolle dieser Ochsen, und machen ihre Säcke daraus, worin sie das gedörrete Fleisch (so an der Sonnen geschiehet) zu tragen pflegen. Sie können es, ob sie schon kein Saltz haben, dennoch 4. Monden des Jahrs erhalten, und so zubereiten, daß es gar nicht stinckend wird, und wenn man alsdann davon isset, solte man vermeynen, daß es erst jüngst geschlachtet wäre.

Wir hätten noch vielerley Arten Thiere, solche Wunder-Geschöpffe GOttes zu beschreiben; weil aber von andern Autorn derer zur Gnüge bekannt gemachet, so wollen wir annoch zum Beschluß dieses Capitels etwas mit wenigem gedencken einiger Men schen, die fast nicht weniger, als für wilde Thiere /an Verstand und Grausamkeit zu halten seyn.17 Sonderlich meritiret eine Nation allhier eine Stelle, die sogenannte Hottentotische Cafren. Dieses sind Leute von einer heßlichen und scheußlichen Gestalt, daß sie kaum den Namen der[691] Menschen verdienen. Sie gehen Truppenweise miteinander, und wohnen in Höhlen, oder mit Stroh gedeckten Hütten, haben auch sonst nichts zu thun, als ihr Vieh aufzuziehen und zu versorgen. Und ob sie gleich dessen mehr als zuviel haben, so saget man doch, daß sie nichts zu ihrer Nothdurfft schlachten, sondern nur das / was von Kranckheit stirbt / essen.18 Sie sind aufs äusserste faul, und würden vielmahl lieber Hunger leiden, als arbeiten, und nur mit dem zufrieden seyn, was die Natur von sich selbst herfür bringet. Sie haben eine Wurtzel, welche unsern gelben Rüben / oder auch Zucker-Wurtzeln / fast gleich kommet, die sie sich zu Nutzen machen. Sie braten und stossen solche manchmahl zu Brey, aus welchem sie hernach eine Art von Brod backen, welches etwas nach Castanien schmecket. Das Fleisch essen sie ungekochet / wie auch die Fische / und befinden beydes solchergestalt besser und viel safftiger, als gekochet. Sie machen wenig Speise aus der Küche, denn wenn sie ein todtes Thier finden, nehmen sie die Gedärm alsbald heraus, sie mögen stincken oder nicht, und drucken zwi schenden Fingern ein wenig den dickesten Koth heraus / und lassen sich hernach selbige wohl schmecken. Diese Art der Menschen sind fast alle mittelmäßiger Grösse, haben eine gantz eingedruckte Nase, runde Augen, ein groß[692] Maul, und grosse Ohren, eine kleine Stirn, gar wenig schwartzen und wollichten Bart, auch gekrausete Haare; sie werden nicht sehr schwartz gebohren, aber sie schmieren sich fleißig mit Ofen-Ruß, mit Fett oder Oel vermischet, um sich damit so schwartz zu machen, als immer müglich ist, und wann sie sich dann wohl eingesalbet, legen sie sich auf den Rücken, mit dem Gesicht gegen die Sonne gekehret, damit die Farbe ja recht hinein ziehen möge; sie bekommen aber von diesem ihrem vermeynten Zierrath so einen abscheulichen Gestanck, sonderlich, wann es sehr heiß ist, daß einer, ohne ihm übel zu werden, nicht nahe zu ihnen kommen darff.19 Im Sommer gehen sie nacket / ausgenommen /daß die Männer ihre Mannheit in einem darzu recht gemacheten engen Behälter tragen / welches sie mit einem kleinem Stricklein um die Lenden binden; im Winter bedecken sie ihre Schultern mit einem Schaaf-Felle, worein sie sich gantz verbergen können.20 Ihre Religion belangende, haben sie eigentlich keine; nichts destoweniger sollen sie zuweilen Geheimniß-volle Ceremonien machen, die anzuzeigen scheinen, als erkenneten sie ein allmächtiges Wesen. Absonderlich sollen sie den Mond ansehen, mit den Händen zusammen schlagen, und springend ruffen: Ho, ho, Hottento; welches als eine Art eines Gottesdiensts, den sie diesem Gestirn anthun,[693] scheinen möchte; doch aber nur auch eine blosse Freudens-Bezeugung wegen dieses Gestirns und seines Scheins seyn kan. Einige glauben, es sey eine Beschneidung /wann die Mütter ihren neu-gebohrnen Söhnlein mit den Zähnen den rechten Testicul abbeissen, und denselben fressen; andere aber halten dafür, sie sucheten dadurch ihre Kinder geschickter und hurtiger zur Jagd zu machen: sobald solches geschehen, geben sie den Kindlein See-Wasser zu trincken, und stecken ihnen Toback in den Mund, glaubende, daß sie dadurch so starck und hurtig würden / daß sie ein Rehe einhohlen könten.21 Sonsten sind sie sehr diensthafft, und dienen, wegen ihrer äussersten Noth, wohl einen gantzen Tag um ein Stück Brod und ein Stücklein Toback; wollen aber freundlich tractirt und nicht gezwungen seyn. Ihre Hütten sind elend, sehr niedrig und fast rund, von Erde, Baum-Aesten und Blättern erbauet, aber so liederlich, daß der Regen auf allen Seiten hinein schläget; das Feuer machen sie in die Mitte, und legen sich alle herum in die Asche; und ob man wohl nicht versichern kan, daß das Mann- und Weibs-Volck immer keusch zusammen leben / so straffen sie doch den Ehebruch scharff. Die Männer können zwar viel Weiber nehmen, haben aber insgemein nur eine.22 Diese Weiber haben noch was garstigers, als die Männer, an[694] sich, indem sie um den Halß und um die Beine einen Hauffen Viech-Därme herum winden / als wann es Arm-Bänder wären; so tragen sie auch an den Haaren und Fingeren Muscheln, Corallen und Glaß, und über dem Ellenbogen grosse helffenbeinerne Ringe; das abscheulichste aber an ihnen sind die Brüste / und siehet, als wann zwo lange und halb aufgeblasene Schwein-Blasen an ihrem Halß hingen; die Haut davon ist schwartz, runtzelecht, und so hart wie Zappen-Leder oder Corduan / hänget auch bis über den Nabel herunter, hat auch unten einen schwartzen gelben Knopff, der dicker ist, als die Strichen an einem Küh-Euter; indessen haben diese großmächtige Blasen diese Bequemlichkeit, daß man sie auf alle Seiten wenden kan, sogar, daß sie solche insgemein über die Achsel werffen / um das Kind / so hinten angebunden ist / zu stillen / wie solches Franciscus Leguat im zweyten Theil seiner Reisen p. 372. beschrieben.23 Sie sind sehr hoffärtig, auch sehr verliebt, und wird gesaget, daß sie zu gewissen Zeiten in eine Raserey gerathen, da aus ihrem Leibe eine Dunst, wie bey den Hirschen, gehe, wann sie in der Brunst sind. Von dem Gürtel bis an die Knye haben sie etwas, so einem Weiber-Rock gleichet, welches sie nicht nöthig hätten, indem[695] eine von oben herab hangende und gefaltene Haut schon genugsam verhindert, daß niemand was von ihnen sehen kan. Doch wollen viele sagen, daß sie so vorwitzig gewesen, und diese fleischerne Vorhänge besichtiget hätten, welche Augen-Lust sie ihnen dann für ein klein Stücklein Toback vergönnet / den sie so hoch halten, daß sie einen Ochsen, Kuh oder Schaaf vor ein Stücklein Toback gaben, so Daumens dick gewesen, und so lang ist, daß es vom Kopff bis hinten an den Schwantz reichet, wovon die Ost-Indische Compagnie einen grossen Profit hat. Man versichert, daß / wann die Weibs-Leute ihre Kühe melcken wollen / die Männer diesen zuvor in Afftern blasen müsten /sonst die Kühe ihre Milch nicht von sich geben. Was sonst von dero Freuden-Festen, Heurathen u.d.m. zu melden wäre, ist bey vielen Autoren angemercket worden.

Ein mehres von solchen Geschöpffen GOttes, könnte allhier von Menschen und Thieren beschrieben werden, sonderlich, das recht arme Volck in Samajeda, Lappland / in Ost und West-Indien / allwo noch eine grosse Welt voll solch wildes Volck wohnet, die von ihrem Schöpffer nichts zu sagen wissen, ingleichem gibt es derer Orten eine unzehlbare Art wilder- und für unsern Augen fürkommenden Wunder-Thier; zu geschweigen[696] der Löwen, Tiger, Panther, Leoparden, Luchsen, Affen, Meer-Katzen und dergleichen, so zum Theil anhero bracht, und in grosser Herrn Thier-Gärten aufbehalten werden.24 Allein solches alles ist bey weitem nicht so wundersam, als wann wir betrachten die grosse wunderliche Güte GOttes, die er an uns Europäern gethan hat, und uns nicht allein mit vollkommenen Gliedmassen zierlich, schön und nach seinem Bildniß erschaffen, uns mit überreichem Verstand begabet, mit herrlicher Speise und Tranck versehen, Kleidung und fürtreffliche Wohnung und Ruhe-Stätte ertheilet, für obbeschriebenen wilden und beissenden Thieren behütet, daß solche in unsern Landen uns keinen Schaden zufügen können, sondern und absonderlich für uns gesorget, daß wir seine Göttliche Allmacht / und Wunder-Geschöpf erkennen können; Uber alles aber seinen heiligen Willen offenbahret, in Zeit der Gnaden hat lassen gebohren werden, und uns des heiligen bittern Leidens und Sterbens seines lieben Sohnes theilhafft gemachet, dadurch wir nach geendeter Lebens-Zeit zu ihm in die ewige himmlische Freude versetzt werden: Dieses alles lasset uns betrachten, so werden wir erkennen, daß wir die rechten Wunder-Geschöpff GOttes seyn, so auf der Erden leben, und solche nicht in der neuen Welt, in Ost- und West-Indien, suchen dörffen.

Marginalien

1 Nutzbarkeit des Erdbodens.


2 Grösse des Erdbodens.


3 Vom Nasen-Horn.


4 Von dem Stachel-Schwein.


5 Rennthiere / wo solche gefunden werden.


6 Sind an statt der Pferde zu gebrauchen.


7 Wie ihnen ihr Wirth bedeutet / wohin sie lauffen sollen.


8 Derer Gestalt.

Sind wie Kühe zu nutzen: aber sterben in andern Ländern bald.


9 Wie solche angespannt werden und ihre Müdigkeit zeigen.


10 Was von dieser Thiere ihrer Reise zu halten.


11 Wunder-Thiere zu Fontainebleau.

Dessen Gestalt / und was es für Schaden geübet.


12 Wie man solches erleget.


13 Von wilden Ochsen in Ost- und West-Indien.


14 Wie solche gefangen werden.


15 Derer Gestalt.


16 Fürtreffliche Vieh-Weyde.


17 Von Hottentoten / was solches für wilde Menschen seyn.


18 Derer Speise.


19 Wie sie sich schwartz machen.


20 Ihre Religion.


21 Sind dienstbar.


22 Der Weiber Hoffart.


23 und Ungestalt.


24 Wo die grösten Wunder-Geschöpff GOttes auf der Erde anzutreffen.


Quelle:
Bräuner, Johann Jacob: Physicalisch= und Historisch= Erörterte Curiositaeten. Frankfurth am Mayn 1737, S. 679-697.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten

Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten

Anders als in seinen früheren, naturalistischen Stücken, widmet sich Schnitzler in seinem einsamen Weg dem sozialpsychologischen Problem menschlicher Kommunikation. Die Schicksale der Familie des Kunstprofessors Wegrat, des alten Malers Julian Fichtner und des sterbenskranken Dichters Stephan von Sala sind in Wien um 1900 tragisch miteinander verwoben und enden schließlich alle in der Einsamkeit.

70 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon