[9] Verwunderen mag eüch nit wenig / Erbar und Namhafftiger Günstiger lieber Herr / warumb ich eüch diß gegenwertig Spyl vor vil anderen zůgeschriben / und ergeben hab. Wann ir aber recht bedenckt (des mir gar nit zweiffelt) findt ihr auß alter Platonischer leer /diß sein der Tugent eygentschafft und natur / das sie an sich zeücht / gleich dem Magneten / alles das zů tugent dienet / und sie zů deren fürderen mag. Darumb als ich hab vernommen / durch Peter Fend von Augspurg mein freüntlichen lieben Schwagern / und anderen / wie ir etwan underweilen zů ergetzlichkeit eüwer geschäfft / neben embßigem lesen der heilgen götlichen geschrifft / nach des weißen Catonis leer /fürhanden nempt ein glaubhafftige Histori alter löblichen geschichten unnd händel / darinnen eüch zů erlustigen und ergetzen / hab ich gedacht eüch nichts fügleichers sein und kurtzweiligers / weder auch diß Spyl genant Hercules / welches vor etlich jaren der hochgelert Herr Sebastian Brandt Beider rechten Doctor / und der Statt Straßburg allhie unsers lieben Vatterlands Cantzler gestelt hatt / in welchem wie es jetz auch auff den heütigen tag in der welt zůgehet / Klerlich angezeygt würdt / das nemlich die Tugendt / welche in sich begrifft die gerechtigkeit / fürsichtigkeit /den glauben / die warheit / standthafftigkeit / cc. nichts mer gelten will / sonder vor fraw wolust und irer dienern nit fürkummen kan / und entweders veracht und vernicht von ihr würdt / oder mit schencken /gaben und verheißungen ire diener geblendt unnd abgezogen werden / also das die gerechtigkeit erblindt[9] /die fürsichtigkeit ein antlit am rucken gewint / der glaub auff steltzen goht / die Warheit sich verkappet /und die standthafftigkeit ein häßnen sturtz bekumpt /wie es dann nacheinander die reimen fein außweisen. Was aber die Tugendt für ein lon bekumpt / zeigen klerlich die Exempeln an / als die Historia Susanne /auch des jünglings / welchem wiewol ein bad von dem Rhatgeben war zůgerüst / doch im die Tugendt lonet / das ist Gotts forcht. Was auch die wolust für ein belonung gibt / seindt auch Exempeln hie inn begriffen / als Salomons / In summa aber der gantzen welt / welche in iren lasteren ersoffen / der Tugendt nicht nachfragen / sunder über den selben gar zů schanden werden. Den Authorem diß Spyls belangendt / ist auß den büchern / die er hinder im gelassen / wol abzůnemen / in ein glerten juristen / Philosophum / unnd Poeten gewesen sein / auch unserm Vatterland sampt andern Fürsten und Herren mit seinen rhatschlagen nützlich und wol vorgestanden sein /Dieweil nun der Author bewert ist / auch die materi lustig ist zů lesen / und vil nutz drauß kan geschöpfft werden / so wirt ein yeder liebhaber der geschichten für gůt auffnemen diße arbeit / in sonders aber ir mein günstiger Herr / des freüntlicher will und gunst mir lieber ist / weder vil ander miet und gaben. Darumb ich euch vor meniglich diß Spyl auffopffere / und gütiglichen ergib / der hoffnung / ir werden es nit verschmahen noch verachten / sonder mit lieblichem angesicht und gůten willen annemmen und entpfahen /der meynung als es ist beschehen / das hertz des gebers recht erkennen / und auch vorab mit eüwerem ansehen dasselbig beschützen und beschirmen / welchs dann zů den yetzigen zeiten wol von nöten ist / dann vil seltzame köpff funden werden/ die nur tadlen /aber weder inen noch anderen nutz sein künden. So ich nun das selbig spüren und erfaren wurdt (daran ich doch gar kein zweiffell trag) wurd ich zům höchsten verursacht werden / andre größer und nutzlicher[10] bücher under eüwerm namen außgehen zů lassen /damit die selbigen auch in eüwerer liberei / welche ir samlet von gůten künsten / sprachen / und Heyliger geschrifft / cc. mögen erfunden werden / welches dann / dieweil euch Gott on das mit reülicher narung begobt hatt / eüch auch zů ewigem lob gereichen wurdt.
Geben Straßburg den 24. Aprilis. Anno / 1554.
An welchem tag vor siben jaren der theüre fromme heldt / und bekenner Jesu Christi / auch der durchleüchtigst Hochgeborn Fürst und Herr / Herr Johann Friderich der Elter/ Hertzog zů Sachsen und geborner Churfürst cc. Landtgraff in Düringen / Margraff zů Meißen / Hochloblicher und seliger gedächtnuß von Römischer Keyserlicher Maiestat gefangen ist worden / welchem auch sein tugendt / das ist Gottsforcht und standthafftigkeit bei der reinen waren gesunden leer des Heiligen Evangeliums gelont hat / das er also wider zů den seinen kummen / und aldo im friden nach vertrag aller handlungen / von dißem jamerthal zů der ewigen rhů / durch Gott den Allmechtigen / am iij. tag Mertzens zwischen ix. und x. vor Mittag berůffen ist worden / do er dann mit Gott selbs / den Englischen scharen / Propheten und Aposteln / auch allen frommen Christen ewige freüd hatt / zů welcher uns auch und allen menschen Gott verhelffen wölle /unnd gnad verleihen / das wir ein exempel unnd vorbild an dem frummen theüren und Gottseligen Helden abnemmen / unnd uns zů Gottes wort recht schicken mögen.
Amen.
E.W.
Diener.
M. Johann Winckel Q. von
Straßburg I.V. Cand.[11]
Ausgewählte Ausgaben von
Tugent Spyl (Hercules am Scheideweg)
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