XXXIII.

[61] Wer durch die Finger sehen kann

Und läßt die Frau einem andern Mann,

Da lacht die Katz' die Maus süß an.


Ein Narr sitzt an einem Tisch und sieht gutmüthig durch die Finger, während ihm die Frau lächelnd ein Hälmchen durch den Mund zieht, d.h. ihm schmeichelnd um den Bart geht. Unten verfolgt eine Katze Mäuse und hat schon eine gefangen.


Von Ehebruch.

Ehbrechen wägt man als gering,

Als ob man schnellt' einen Kieseling.

Ehbruch hat des Verbots nicht Acht,

Das Kaiser Julius gemacht.

Man scheut jetzt Straf noch Tadel nicht,

Das macht, die in der Ehe Pflicht

Zerbrechen Töpf' und Häfen gleich

Und: Schweig du mir, so ich dir schweig!

Und: kratz du mich, so kratz' ich dich!

Man kann die Finger halten sich

Vor's Auge so, daß man doch sieht,

Und wachen bei geschlossenem Lid.

Man kann jetzt leiden Frauenschmach,

Und folgt nicht Straf' noch Rache nach.

Stark ist im Land der Männer Magen,

Sie können Schande viel vertragen

Und thun, was ehemals Cato that,

Der dem Hortens die Frau abtrat.

Gar wen'gen gehen jetzt zu Herzen

Aus Ehbruch Leid' und Sorg' und Schmerzen,

Wie die Atriden straften recht,

Da ihre Frauen man geschwächt,

Oder wie Collatinus that,

Als man Lucrezia Schmach anthat.[62]

Drum ist der Ehbruch jetzt so groß,

Auf allen Straßen ist Clodius los.

Wer jetzt mit Geißeln die wohl strich',

Die wegen Ehbruchs rühmen sich,

Wie man Salustio gab Lohn, –

Trüg Mancher Striemen viel davon.

Wär' solche Plag' für Ehbruch da,

Wie Abimelech einst geschah,

Sowie den Söhnen Benjamin,

Oder würd' ihm solcher Gewinn,

Wie David geschah mit Bersabe, –

Mancher würd' brechen nicht die Eh'.

Wer leiden mag, daß sein Weib sei

Im Ehbruch, und er wohnt ihr bei,

So er das kündlich weiß und sieht,

Den hält für klug nicht mein Gemüth.

Er gibt ihr Ursach mehr zu Fall;

Dazu die Nachbarn munkeln all,

Er hab' mit ihr Theil und gemein,

Und ihre Beute sei auch sein.

Sie sprech' zu ihm: »Hans, guter Mann,

Dich seh' ich doch am liebsten an!« –

Die Katz' den Mäusen gern nachgeht,

Wenn sie das Mausen erst versteht;

Und die viel Andre hat versucht,

Wird also schandbar und verrucht,

Daß Ehr' und Scham sie nicht mehr achtet,

Nach Ueppigkeit allein sie trachtet.

Ein Jeder schau, daß er so lebe,

Daß er der Frau nicht Ursach gebe;

Er halt' sie freundlich, lieb und schön

Und scheu' nicht jeder Glock' Getön,

Noch keif' er mit ihr Nacht und Tag;

Er sehe, was die Glocke schlag',

Dann laß dies treuer Rath dir sein:

Führ' nicht viel Gäste bei dir ein![63]

Vor allen schaue der genau,

Wer hat 'ne feine, schöne Frau,

Denn Niemand ist zu trauen wol,

Die Welt ist falsch und Untreu' voll.

Es blieb' die Frau dem Menelaus,

Wenn Paris nicht kam in das Haus;

Hätt' Agamemnon den Aegisth

Nicht zu Haus gelassen, wie Ihr wißt,

Und ihm vertraut Hof, Gut und Weib,

Er hätt' verloren nicht den Leib,

Gleichwie Kandaules, der Thor so groß,

Der zeigte sein Weib einem Andern bloß.

Wer Freude nicht will haben allein,

Dem geschieht ganz recht, wird sie gemein;

Drum soll man halten das für's Beste,

Wenn Ehleut' nicht gern haben Gäste.

Zumal denen nicht zu trauen ist:

Die Welt steckt voll Betrug und List!

Wer Argwohn hat, der glaubt gar bald,

Man thue, was ihm nicht gefallt,

Wie Jakob mit dem Rock geschah,

Den er mit Blut besprenget sah;

Ahasverus dachte, daß Haman meinte

Die Esther zu schmähen, der doch weinte;

Für Sarah fürchtete Abraham eh,

Bevor er kam gen Gerare.

Besser ist ängstlich hüten das Haus

Als brüten fremde Eier aus.

Wer viel ausfliegen will zu Wald,

Der gleichet der Grasmücke bald.

Wer brennende Kohlen ins Kleid sich legt

Und Schlangen in seinem Busen trägt

Und in der Tasche zieht eine Maus, –

Solche Gäste nützen wenig dem Haus.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 61-64.
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