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[72] Wer laut den Anschlag kündet an
Und spannt sein Garn vor Jedermann,
Vor dem man leicht sich hüten kann.
Ein Narr im Gebüsch versteckt bei einem im Freien ausgespannten Netze. Vögel fliegen zum Theil davon oder sitzen auf einem Baume.
Ein Narr ist, wer will sahen Sparrn
Und offenkundig stellt das Garn;
Denn leicht ein Vogel dem entflieht,
Wenn er es offen vor sich sieht.
Wer nichts als drohen thut all' Tage,
Da sorgt man nicht, daß er fest schlage;
Wer seinen Rath schlägt offen an,
Vor dem bewahrt sich Jedermann.
Hätt' nicht Nikanor seinen Rath
Verändert, als so fremd er that,
So hätt' ihn Judas nicht errathen
Und sich so bald bewahrt vor Schaden.
Der dünket mich ein Weiser sehr,
Weiß er den Plan, sonst Niemand mehr,
Zumal wenn ihm sein Heil liegt an.
Es will jetzt horchen Jedermann
Und sich in solche Händel stecken,
Die hinten kratzen, vorne lecken.
Den halt' ich nicht als weisen Mann,
Wer sein Rath nicht bergen kann.
Denn Narrenrath und Buhlerwerk,
Eine Stadt, erbaut auf einem Berg,
Und Stroh, das in den Schuhen steckt,
Die viere werden bald entdeckt.
Ein Armer wahrt wol Heimlichkeit,
Eines Reichen Sache trägt man weit;
Sie wird durch treulos Hausgesind'[73]
Verrathen und verschwatzt geschwind.
Ein jedes Ding kommt leichtlich aus
Durch die Genossen in dem Haus.
Es schadet uns kein schlimmrer Feind
Als die, so Wohnung mit uns eint;
Die bringen viel um Leib und Gut,
Vor denen man nicht auf der Hut.
Ausgewählte Ausgaben von
Das Narrenschiff (Ausgabe 1877)
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