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[22] Wer zwischen Stein und Stein sich legt
Und viel Leut' auf der Zunge trägt,
Den Trübsal bald und Schaden schlägt.
Ein Narr liegt kläglich zwischen zwei Mühlsteinen; ein andrer, der sich nach ihm umblickt, klemmt sich selbst die Finger zwischen Thür und Angel; ein dritter mit Kolben und Kappe blickt lauernd um die Ecke.
Gar Mancher hat viel Freude d'ran,
Daß er verwirren Jedermann[22]
Und bürsten kann dies Haar auf das,
Daraus dann Feindschaft kommt und Haß.
Mit Afterred' und Lügen groß
Gibt er gar Manchem einen Stoß,
Den der erst lang nachher empfindet,
So daß aus Freundschaft Haß sich zündet;
Und daß er's wohl besiegeln möge,
Lugt er, wie viel er noch zulege,
Und will es nur beichtweise sagen,
Um nicht Verweis davonzutragen;
Ja, unter der Rose, – betheuert er, –
Es dir aus Herz geleget wär',
Und meint, damit gefall' er wohl.
Die Welt ist solcher Zwietracht voll,
Daß man Einen auf der Zunge tragen
Kann weiter als im Hängewagen.
Wie Korah that und Absalon,
Die wünschten Anhang sich und Kron'
Und holten sich nur Schimpf und Schande.
Ein Alchymus in jedem Lande
Die Freund' entzweit, mit Lüg' umringt
Und die Finger zwischen die Angeln bringt;
Die werden oft geklemmt davon,
Wie dem, der wollt' empfahen Lohn,
Dieweil er Saul erschlagen hätt',
Und die, so schlugen Isboseth.
Wie zwischen zwei Mühlsteinen liegt,
Wer stets an Zwietracht sich vergnügt.
Man sieht ihm an Geberden an,
Welch' Wort' es sind und welch' ein Mann:
Man berg' den Narren hinter der Thür,
Er steckt die Ohren doch herfür.
Ausgewählte Ausgaben von
Das Narrenschiff (Ausgabe 1877)
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