|
[277] Wer durch liebkosen vnd trouwort
Die worheyt setzet an eyn ort
Der klopft dem endkrist an der port
Der ist eyn narr / wer wyrt zerstört
Inn sym gemüt / so man anfört
Vnd mit gewalt / jnn zwingen wöll
Das er die worheyt schwigen söll
Syn wißheyt vnder wägen lon
Vnd soll den weg der torheyt gon
Den der on zwiffel anhyn fert
Der sich an solche trouwort kert[278]
Die wile doch got / vff syner sytt
Ist / vnd beschyrmt den alle zyt
Der von der worheyt sich nit scheydt
Das er zü keyner zyt beleydt
Syn füß / wer vff der worhyt blibt
Bald / der all vygend von jm tribt /
Eyn wiß man statt der worheyt zů
Ob er joch säch Phalaridis ků /
Wer nit kan by der worheit ston
Der můß den wäg der torheyt gon
Hett jonas worheit gkundt by zyt
Der visch hett jn verschlucket nytt
Helyas hielt mit worheit priß
Dar vmb fůr er jnns Paradiß /
Johannes floch der narren louff
Dar vmb kam christus zů sym touff /
Wer eynen lieplich stroffen důt
Ob ers joch nit hat glich für gůt
So würt doch ettwan syn die stundt
Da es jm zů verdancken kundt
Vnd grösser bāck nymbt vmb stroff wort
Dann ob er redt / das man gern hort
Daniel keyn liebdat nemen wolt
Als er Balthesar sagen soltt
Vnd jm die worheit legen vß
Dyn gelt blib (sprach er) jn dym huß
Der engel hyndert Balaam
Dar vmb das er die gaben nam
Vnd wolt důn wider die worheyt
Des wart verkört als das er seyt
Der esel strofft den / der jn reyt /
Zwey ding mag man verbergen nit
Zů ewig zyt sycht man das drytt /
Eyn statt gebuwen jnn der höh /
Eyn narr / er stand / sitz / oder gee /
Sicht man doch bald / wesen vnd bscheit
Worheyt sicht man jnn ewigkeyt
Vnd würt sich nyemer me verlygen[279]
Wa narren schon den hals ab schryen /
Worheyt ert man durch alle land
Der narren freüd ist / spott / vnd schand /
Ich bin gar offt gerennet an
Wile ich diß schiff gezymberet han
Ich soll es doch eyn wenig färben
Vnd nit mit eychen rynden gärben
Sunder mit lynden safft ouch schmyerē
Vnd ettlich ding ettwas glosyeren
Aber ich ließ sie all erfryeren
Das ich anders dann worheyt seyt
Worheyt die blibt jnn ewikeyt
Vnd würt eym vnder die ougen ston
Wann nyemer wer diß büchlin schon /
Worheyt ist stercker dann all die
Mich hynder reden / oder sie
Wann ich mich hett gekört dar an
Ich můst byn grössten narren stan
Die ich jnn allen schiffen han
Ausgewählte Ausgaben von
Das Narrenschiff
|
Buchempfehlung
Zwei satirische Erzählungen über menschliche Schwächen.
76 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro