Erster Auftritt


[191] Szene vor dem Landhause Sarmientos, eine Art Esplanate vor dem mit einem Tore versehenen Schloßhofe; ein Flügel des Schloßhofs so gebaut, daß Personen vom Fenster herab deutlich erscheinen und sprechen können. Es ist Nachmittag. Valeria als Negerin maskiert mit kurzem Haar, ein Bündelchen auf dem Rücken, ein Tamburin in der Hand, kömmt schüchtern und reisend vor dem Schlosse an; sie lehnt an einen Baum.


VALERIA. Da bin ich nun, allein und müde – wenn sie mich nur annehmen! – Die Liebe ist närrisch mit mir gewesen. Ponce, Ponce; ich will lieben, was du liebst, und dir zeigen, daß ich lohnen kann, – wenn mich der Vater nur nicht erkennt! Sieht in ein kleines Spiegelchen. Ich gleiche mir nicht, die langen schwarzen Haare sind aufgeopfert, – was tut es? Porporino hätte sie doch nicht so schön geflochten als Ponce. Ich liebe mich mehr als sonst und bin doch häßlicher. – Ich will ein wenig singen, vielleicht hört mich jemand.


Wenn die Sonne weggegangen,

Kömmt die Dunkelheit heran,

Abendrot hat goldne Wangen,

Und die Nacht hat Trauer an.


Seit die Liebe weggegangen,

Bin ich nun ein Mohrenkind,

Und die roten, frohen Wangen

Dunkel und verloren sind.


Dunkelheit muß tief verschweigen

Alles Wehe, alle Lust,[191]

Aber Mond und Sterne zeigen,

Was ihr wohnet in der Brust.


Wenn die Lippen dir verschweigen

Meines Herzens stille Glut,

Müssen Blick und Tränen zeigen,

Wie die Liebe nimmer ruht.

VALERIO in dem Hofe. Ei, ein Singvögelchen!

VALERIA. Das ist mein Vater. Versteckt sich.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 4, München [1963–1968], S. 191-192.
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