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[226] Ponce, Aquilar.
PONCE. Das Mädchen ist unser guter Engel.
AQUILAR. Ich verstehe das viele Gold in der Pastete nicht, so viel kann der Koch nicht aus Versehen hineingebacken haben; ich habe eine Idee darüber, die mir nicht lieb ist.
PONCE. Das Gold ist unstreitig befremdend.
AQUILAR. Ich zweifle nicht, daß es ein honettes Almosen sein soll. – Man hält uns für arme Teufel, und will uns die Pille vergulden, oder macht uns eine Pastete ums Gold. – Ponce, das sind die Pfennige nicht, die die Liebe giebt, wie du sagtest.
PONCE. Nein – es ärgert mich – aber es zeigt von einer schönen Mildtätigkeit der Mädchen.
AQUILAR. Die Bettler werden sie nicht lieben.
PONCE. Und doch wäre es schön, wenn wir als bloße Menschen geliebt würden.
AQUILAR. Als bloße, nackte Menschen? Bettler sind ja meistens ziemlich bloß.
PONCE. Dir reicht man Almosen, und was mir ward, darf ich nicht besitzen.
AQUILAR. Gut, daß du mich erinnerst, was ward dir dann, was fehlt dir? Ich habe eben nicht gesehen, daß man dich so vorzüglich begünstigte.
PONCE. Ach, Fernand! sie liebet einen andern, sie lag in meinen Armen, und gab mir Küsse, ihr Herz schlug an dem meinigen, ach, und all die süße Lust und Heimlichkeit war an mir verschwendet, war nicht mir war einem andern hingegeben;
sie irrte sich in mir.
AQUILAR. Aber – ich bin ja nicht von deiner Seite gekommen; ich glaube, du träumst.
PONCE. Mir träumet nicht – o wärs ein Traum gewesen, so wär es mein, was ich erhielt, denn wahrlich, Fernand, ich lebe nicht, seit ich dies Mädchen sah, ich träumte nur, und was du jetzt von meinen Lippen hörst; wie du mich siehst, das ist mein Leben nicht. In süßen Träumen leb ich nur, im tiefen Schlafe trennt die Wolke sich, die zwischen ihr und mir im[226] Leben ruht, durch die ich liebend meine Arme in öde, gestaltlose Ferne nach ihr ausstrecke, im Schlafe trennt die Wolke sich, und wie der stille Vollmond durch die dunkle Pforte, so bricht sie liebeglänzend zu mir herüber, und all mein Dasein glänzt in ruhgem Lichte, still ruht das Leben rings erleuchtet, und mein Gemüt zieht feierlich die milde Bahn der Strahlen zu ihrem Bild, das an dem tiefen, blauen Liebeshimmel steht. Dann ist sie nichts als lindes, ergebendes Widerstreben, wie des Mädchens Busen, der an des Geliebten Brust sich drängt und hinstrebt, sich in ihm zu lösen, hin, wie die Woge strebt, das Ufer zu küssen, und stutzt, und rückwärts eilt, wie die Elemente, die im Liebesstreite ringend die schöne Welt in ihres Kampfes Mitte erzeugen, und rückwärts kehren, jedes unbesiegt. So wird im Traum mir eine Welt von Liebe im Herzen, und wenn der Tag erwacht – und Ponce erwacht, ach! da ist Ponce das Glühefeuer nur, und ferne von ihm sie, das feuchte Element, aus dem die Göttin aller Liebe ewig zeugend steigt.
AQUILAR. Du sprichst schön, aber lang, lieber Ponce, und schade, daß sie es nicht gehört – doch verwirre dich nicht, was hat sie dir dann gegeben, woher weißt du, daß sie einen andern liebt?
PONCE. Als ich gestern, von Sehnsucht getrieben, früher als du hier ankam, ging eine Jungfrau unter den Bäumen auf und nieder. Ich merkte aus ihren Worten, daß sie mich für ihren Geliebten hielt, den sie erwartete; sie umarmte mich heftig, und küßte mich, bis sie den Irrtum einsah und mich beschämt verließ.
AQUILAR. Das dummste ist, daß es auch Melanie gewesen sein könnte.
PONCE. Nein, es war Isidora, ich nannte sie mit Namen, Fernand, ich lag in diesen Armen, und ein Verbrechen ist es, das mir ihre Jungfräulichkeit vielleicht nie verzeiht.
AQUILAR. Freilich, dann solche Verbrechen sind Anschläge auf das Leben der Jungfräulichkeit – aber mit dem Schreiben wird es wunderlich gehn – die Dukaten schicke ich ihr zurück; das gute Mädchen hat vielleicht ihre ganze Sparbüchse mit dieser Wohltat erschöpft – übrigens wollen wir[227] heute abend doch nachspüren, ob wir nicht den Liebhaber fangen.
PONCE. Wissen wollen wir, wer er ist – ja! Komme, lasse uns im Garten weiter denken. Beide ab.
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Ponce de Leon
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