Dritter Auftritt


[249] Stube im Schlosse. Isabella, Felix.


ISABELLA. Ihr habt einen raschen Schritt getan, lieber Neffe! Die Familie ist mächtig, die Ihr Euch zu Feinden machtet.

FELIX. Die Liebe ist mächtiger als alle Familien, und ich habe mir die Liebe zum Freunde gemacht. Das Schicksal begünstigt mich schon durch Eure Gegenwart; mein Vater tat mir Gutes, ohne es zu wissen, durch diesen Wechsel.[249]

ISABELLA. Euer Vorurteil für mich freut mich, ich biete Euch zu allem meine Hülfe recht gern. – Ihr habt einen Überfall von den vielen Freunden der Familie aus der Nachbarschaft zu erwarten, besonders, da Eure Braut noch einen Prätendenten hat, und dieser wird nicht zögern.

FELIX. Was glaubt Ihr, würdige Tante, daß zu tun sei?

ISABELLA. Ihr müßt Euch gleich vermählen, damit Eure Feinde schon unauflösliche Bande finden.

FELIX. Ich will gleich nach unserm alten Freunde, dem Dechant, reiten, und ihn herüberholen.

ISABELLA. Lieber Neffe – Ihr seht ein, Eure Schwestern können in diesem Sturme nicht schicklich hier bleiben.

FELIX. Ihr habt recht, besonders, da meine Freunde die Ungezogenheit hatten, sich hier als Pilger einzuschleichen.

ISABELLA lächelnd. Und ich beinahe vermute, auch in der Mädchen Herzen! Ich will also mit den beiden Fräulein sogleich nach Saragossa, wo Ihr herkommt, – ich kenne die Mutter der Entführten.

FELIX. Ich kenne sie nicht, Lucilla war immer bei ihrer Tante in Sevilla.

ISABELLA. Sie ist eine gute Frau, und ich will das Meinige beitragen, die Familie zu versöhnen.

FELIX. Ihr seid unser guter Engel in dieser Verwirrung!

ISABELLA. Ich gehe lieber, mich zur Reise anzuschicken.

FELIX. Ich weiß nicht, wie ich alle Eure Güte verdienen werde.

ISABELLA. Ihr wisset ja nicht, ob ich ganz uneigennützig handle. Ihr seid der erste Sarmiento, der entführt – ich bin die erste, die entführt ward, aber man holte mich wieder ein, und da ich weiß, wie unangenehm dies ist, so will ich Euch unterstützen.

FELIX. Eure schöne Laune selbst in dieser Verwirrung macht mich lustiger.

ISABELLA. Lebt wohl, lieber Neffe, ich eile zur Mutter, und hoffe so einig mit ihr zu werden als Ihr mit der Tochter. Ab.

FELIX. Dank, herzlichen Dank![250]


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 4, München [1963–1968], S. 249-251.
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