|
1680 | 22. September: Barthold Heinrich Brockes wird in Hamburg in einer reichen Kaufmannsfamilie geboren. Sein Urgroßvater war Bürgermeister der Hansestadt Lübeck. Der Vater ist ebenfalls ein sehr erfolgreicher Kaufmann, der ein großes Kapital als Erbe hinterläßt. |
1694 | Brockes wird nach dem Tod seines Vaters zusammen mit seiner Schwester Anna Elisabeth von der Mutter erzogen. Er bekommt Privatunterricht. |
1696 | Ostern: Brockes tritt in die hamburgische Lateinschule Johanneum ein. |
1697 | Er wird am Akademischen Gymnasium seiner Vaterstadt immatrikuliert, wo er bei Georg Elieser Edzardi, Balthasar Mentzer, Johannes Müller, Eberhard Anckelmann, Vincent Placcius und Johann Albert Fabricius lernt. |
1698 | Brockes unternimmt mit einem früheren Geschäftsfreund seines Vaters eine Reise nach Dresden, die er mit einem jungen Adeligen und dessen Hofmeister nach Prag fortsetzt. |
1699 | Wieder in Hamburg, lernt er Tanzen, Fechten und Reiten, beschäftigt sich mit Französisch und Musik und bereitet sich auf die Universität vor. Er schreibt auch erste Jugendgedichte. |
1700 | Brockes studiert Jura und Philosophie in Halle und besucht Vorlesungen von Christian Thomasius. Sein Lebensstil ist aristokratisch. Religiöse Toleranz, der Kampf gegen kirchlichen Fanatismus und Aberglauben, Offenbarungsgläubigkeit, Vernunftdenken und Naturrecht prägen Brockes' Denken. |
1702 | Er praktiziert ein halbes Jahr am Reichskammergericht in Wetzlar, um daraufhin eine Bildungsreise auf Umwegen über Italien nach Genf zu unternehmen. In Venedig wie Rom und Florenz erlebt Brockes den Ruhm und Glanz der Künste im öffentlichen Leben. |
1703–1704 | Winter: Brockes hält sich in Genf und Lausanne auf und reist dann nach Paris, darauf über Brüssel und Antwerpen in die Niederlande. Während dieser Bildungsreise durch Deutschland, Italien, die Schweiz, Frankreich, Holland und England untersucht er auf den Bergen die Flora und Fauna der Alpen und verkehrt persönlich mit den Literaten der Zeit. Diese Erfahrungen spiegeln sich in seinen Werken wider. |
1704 | Ende des Jahres: Er wird Lizentiat der Rechte in Leiden. Danach kehrt Brockes nach Hamburg zurück. Er lebt vom Vermögen seines Vaters und verkehrt in der Gesellschaft. Er hält auf vornehmen Umgang, gibt wöchentlich Konzerte, erwirbt eine kleine Gemäldesammlung und wird so bekannt. Brockes liest viel, beginnt zu übersetzen und selbst zu schreiben. |
1709 | Seine Mutter stirbt; seine Schwester ist bereits während seines Aufanthalts in den Niederlanden gestorben. Tumulte in Hamburg führen zur Massenabsetzung von Ratsherren durch die Bürgerschaft, die Gesetzesinitiative geht an diese über. Der mit Brockes befreundete Librettist und damalige Syndicus Lucas von Bostel veranlaßt ihn im Auftrag des Rats zum Schreiben einer Serenade, durch die die inzwischen in Hamburg als Ordnungsmacht tätige kaiserliche Schlichtungskommission geehrt werden soll. Brockes macht selbst keine Anstalten, sich an der bürgerlichen Selbstverwaltung der Stadtrepublik zu beteiligen. Mit Widmungen und Gelegenheitsgedichten an hochgestellte Persönlichkeiten des Reichs strebt er die Erhebung in den Adelsstand an. |
1712 | »Der für die Sünden der Welt gemarterte und sterbende Jesus«, (Oratorium, Musik von Händel, 1712). Als Dichter wird Brockes durch sein Passionsoratorium »Der für die Sünde der Welt gemarterte und Sterbende Jesus« bekannt. Eine Anzahl von Komponisten, z.B. Reinhard Keiser, Georg Friedrich Händel, Johann Mattheson und Georg Philipp Telemann, vertonen es. Das Werk wird vor ausländischen Gesandten und den Bürgern des vornehmen Hamburg aufgeführt, mit der Musik Reinhard Keisers. Einzelstücke werden auch von Bach für die »Johannespassion« verwendet. |
1713 | Brockes versucht, durch Ratswahl eine bürgerliche Karriere in der Staatsverwaltung anzutreten, jedoch ohne Erfolg. Er gibt dieses Ziel auf und konzentriert sich mehr auf seine geistige Bildung. Er beginnt Gelegenheitsdichtungen zu verfassen. |
1714 | Brockes heiratet Anna Ilsabe Lehmann. Aus der Ehe gehen zwölf Kinder hervor, sieben überleben ihn. Brockes beginnt, regelmäßig literarische Gespräche mit Johann Albert Fabricius, Michael Richey und Johann Ulrich von König zu führen. |
1715 | Seine Übersetzung der »Strage degli Innocenti« von Giambattista Marino erscheint in Paris. Die deutsche Version trägt den Titel »Verteutschter Bethlehemitischer Kinder-Mord des Ritters Marino« und erfährt insgesamt sechs Auflagen zu seinen Lebzeiten. Im Anhang zu den Übersetzungen sind auch einige seiner Gedichte abgedruckt. 12. Januar: Das Ergebnis seiner literarischen Freundschaften mit Ulrich König und Martin Rickey ist die Gründung der »Teutschübenden Gesellschaft zur Pflege der deutschen Sprache und Literatur«. Es beteiligen sich noch weitere Mitglieder: Samuel von Triewald, Brockes' Schwager Georg Jakob Hoefft und der Pädagoge Johann Hübner. |
1716 | Brockes verbringt den Sommer auf dem Landgut seiner Schwägerin, wo er sich mit dem Studium beschäftigt. |
1720 | Brockes wird zum Ratsherrn gewählt. Brockes nimmt die Stellung an und erweist sich als aktiver Beamter. |
1721 | »Beurtheilung einiger Reimendungen, welche von etlichen Mundahrten in Teutschland, absondert, in Ober- und Nieder-Sachsen, verschiedentlich gebraucht werden«. Er wird als neu gewählter Senator mit einer Verhandlungsdelegation nach Wien geschickt, um die schlechten Beziehungen zwischen Hamburg und seinem kaiserlichen Stadtherrn zu normalisieren. Die Stadt kann ihre Eigenstaatlichkeit behaupten, wozu auch Brockes' Gedichte an den Kaiser und den Prinzen Eugen beitragen. In den folgenden Jahren ist Brockes noch mehrfach in diplomatischen Missionen nach Wien, Kopenhagen, Berlin und Hannover unterwegs. |
1723 | Sein Freund und Dichter Christian Günter stirbt in Jena. |
1724–1726 | Brockes wird Mitglied der »Patriotischen Gesellschaft«, die 1724 gegründet wird, und gehört dieser Gesellschaft bis zu seinem Tod an, die auch im Rat eine Fraktion bildet und Einfluß ausübt. Er beteiligt sich mit 23 Beiträgen an der von der »Patriotischen Gesellschaft« veröffentlichten moralischen Wochenschrift »Der Patriot« (herausgegeben zwischen 1724–1726), die für weltbürgerliches Denken und freiwillige Betätigung zum Wohl des Gemeinwesens eintritt. An den regelmäßigen Sitzungen nimmt Brockes zusammen mit seinem Freund Richey und mit Johann Albert Fabricius teil, hinzu kommen die Ratspolitiker Johann Julius Surland, Johann Klefeker, Johann Julius Anckelmann und der ebenfalls mit Brockes befreundete Conrad Widow. Weitere Teilnehmer sind die Literaten Christian Friedrich Weichmann und Johann Adolf Hoffmann sowie der Kaplan John Thomas. |
1728 | Brockes wird Stadtrichter. Er verkehrt mit vielen kulturellen Persönlicheiten der Zeit, unter anderem mit Hermann Samuel Reimarus, dem Autor der »Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes«, der Brockes engster Freund wird. |
1730 | Brockes hat das Amt eines Landrichters inne. Er wird zum Kaiserlichen Pfalzgrafen vom Fürsten von Schwarzburg erhoben und bekommt den Titel »poeta laureatus«. |
1733 | Er wird vom Rat in die Colonellschaft, das Kontrollorgan über die Hamburger Bürgerwache, delegiert. |
1735–1740 | Brockes ist hamburgischer Amtmann in Ritzebüttel an der Elbmündung. Dort schreibt er den »Landleben in Ritzebüttel« genannten siebten Band seines »Irdischen Vergnügens in Gott« Das »Irdische Vergnügen« weckt bei den Zeitgenossen große Aufmerksamkeit: es bewirkt Nachahmungen und zahlreiche Lobgedichte und erregt die Kritik Breitingers und Gottscheds. |
1740 | Brockes' Frau Anna Ilsabe stirbt. Hermann Samuel Reimarus besucht ihn 1740. Brockes übersetzt Popes »Versuch vom Menschen« und Thompsons »Jahreszeiten«. Er übersetzt außerdem die Philosophie des Abbé Genest, einige Fabeln von de la Motte, Teile aus Miltons »Verlorenem Paradis« und Bruchstücke aus Shaftesbury und Voltaire. |
1741 | Frühjahr: Er kehrt nach Hamburg zurück, wird bald Präfekt der Bürgermiliz und erster Landherr auf dem Hamburger Berg. |
1742 | Brockes wird Landherr von Hamm und Horn. |
1743 | Vorstand des Scholarchats. |
1745 | Er übersetzt Pope. |
1747 | 16. Januar: Brockes stirbt in Hamburg. Posthum erscheinen »Irdisches Vergnügen in Gott«, »Schwanengesang« (1747), und »Werke« (1800). |
Buchempfehlung
Grabbe zeigt Hannibal nicht als großen Helden, der im sinnhaften Verlauf der Geschichte eine höhere Bestimmung erfüllt, sondern als einfachen Menschen, der Gegenstand der Geschehnisse ist und ihnen schließlich zum Opfer fällt. »Der Dichter ist vorzugsweise verpflichtet, den wahren Geist der Geschichte zu enträtseln. Solange er diesen nicht verletzt, kommt es bei ihm auf eine wörtliche historische Treue nicht an.« C.D.G.
68 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro