1088. An Nanda Keßler

[80] 1088. An Nanda Keßler


Wiedensahl 16. Oct. 96.


Liebe Nanda!

Pünktlicher, als das letzte Mal, dank ich Dir jetzt für Deinen freundlichen Brief.

Wegen eurer herbstlichen Reisepläne bin ich im Ungewißen geblieben, denn auch von der Mama, an die ich inzwischen schrieb, hab ich darüber keine Nachricht erhalten. Ich nehme frischweg an, daß sie und Letty, ermuntert durch das vaterländische Dunkelwetter, trotz sonstiger Bedenklichkeiten doch noch nach dem Süden abgedampft sind, um daselbst die Wärme und das Sonnenlicht zu finden, die wir seither daheim nur spärlich genoßen und zunächst auch nicht weiter zu erwarten haben. Du selbst, obgleich es nicht so schien, bist mit den Kindern gewiß auch noch hinaus gesaust an einen fernen Ort, wo es dir schöner vorkommt, als in der schönen Stadt Frankfurt. Vielleicht müßen diese Zeilen dir nachreisen, vielleicht aber, wenn euere Schulferien so enden, wie hier, kann dich der Briefbote schon wieder zu Hause finden. Wie ist's damit? Wann werden die mir so lieben Leutchen in Wiesenau 1 und 15 wieder alle beisammen sein?

Meine gute Schwester ist noch abwesend. Sie war bei der Hochzeit des Neffen Adolf in Leer und wird von dort nach Hunteburg fahren zu ihrem Enkelchen Martin. So hüt ich denn noch ein Weilchen das Haus. Hernach, im November etwa, falls keine Hindernißercher eintreten, hoff ich mal wieder bei Euch zu sein und mich leibhaftig und augenscheinlich zu überzeugen, daß ihr alle gesund und munter seid.

Sei herzlich gegrüßt, liebe Nanda, und grüß auch die Kinder und alle miteinander von deinem alten

Onkel Wilhelm.


Purzelbaum? – Na na! –

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 80.
Lizenz: