1090. An Nanda Keßler

[80] 1090. An Nanda Keßler


Wiedensahl 28. Oct. 96.


Liebe Nanda!

Dein Brief hat mich traurig gemacht; aber du hast ja guten Muth, bist sonst gesund; und, wie ich immer gehört habe, werden dergleichen Operationen häufig und sicher ausgeführt. Es ist nur Geduld nöthig, bis alles wieder in Ordnung ist.

Von Büchern, die dich, wie du nun mal bist, recht intereßiren, wüßt ich grad nichts vorzuschlagen. Vielleicht hast du den Tom Jones von Fielding noch nicht gelesen, der, glaub ich, in der Mama ihrem Bücherschrank steht; alte, gut leserliche Ausgabe.

Ja, und das Zeichnen? Ich meine, hie und da eine natürliche Blume müßte nicht unpaßend sein, um still versunken ein wenig danach zu kritzeln und zu färbeln. Doch in dieser Hinsicht wird deine bekannte Rührigkeit und Entschloßenheit schon selbst was zu finden wißen.

Wann ich meinen Besuch bei euch lieben Frankfurtern ausführe, kann ich augenblicklich noch nicht sagen. Komme ich aber, wenn du in G. bist, so werd ich Dich ganz sicher besuchen. Möchtest Du doch diese sorgenvolle Zeit erst hinter dir haben!

Schreib auch, bitte, mal wieder, und sei recht herzlich gegrüßt von deinem alten

Onkel Wilhelm.[80]

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 80-81.
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