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[121] 1179. An Grete Meyer
Wiedensahl 5. März. 1898.
Liebe Grete!
Ich wünsche dir Glück zum Hupfer in's zwanzigste, deßgleichen zu der ziffermäßigen Abschätzung deiner Verdienste, den guten Nummern.
Was das Wetter betrifft, wofür Mensch, Thier, Pflanze sich ja mit recht intereßirt, so hab ich zu berichten von Sturm, Regen und Schlackerschnee. Frau Holle muß dies Jahr wohl viel kleine Kinder verpflegen, denn ihre Bettfedern sind immer feucht gewesen.
Heut ist kalter Ostwind bei Sonnenschein. Da kriegt hoffentlich Else ihre Wäsche hübsch trocken. Aber wann wird der schöne, auch in Hunteburg schon längst geträumte Traum vom ersten Erbsenbeet zur Wirklichkeit werden?
Übrigens ist draußen doch allerlei los. Die Schneeglöckchen, natürlich, sind am Verblühn. Anderes, mehr ängstlich, spitzt hervor, rollt sich auf, –[121] Pseudonarcißen, Rhabarber, Arum, Hopfen, Tulpen, Päonien – auch die Brom- und Stachelbeeren, die Hecken, das Gebüsch stehn schüchtern knospengrün für weiteres parat.
Unserm Schwarzdroßelpärchen hatt ich extra Korinthen gekauft. Sie mochten sie nicht. Dagegen faule Apfel die mögen sie gern – ganz wie Schiller, der immer welche in der Schublade hatte, wenn er dichten thät – so hört ich oder las ich mal wo. Singen thun sie noch nicht. Die Staare sind ihnen voraus. Selbige musiciren vor ihrem Kasten, ob's regnet oder schneit.
Wie treibst du's denn, liebs Gredel? Wie war der Karneval? – Sei herzlich gegrüßt von deinem getreuen alten Onkel
Wilhelm.
Auch Tante läßt herzlich grüßen.
Notabene! Mein "Lob der Beschränktheit" nehm ich zurück. – Fingerturnen und Vanity fair a tempo? Oh, lüe un Kinners! Ich lese man blos "die Religion der alten Deutschen" vom potzwunderlichen Sepp und kann doch nicht mal rauchen dabei.