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[197] 1368. An Grete Meyer
Mechtshausen 18. Juli 1902.
Liebe Grete!
Ich möchte doch sagen, daß es mir in diesem Münster mal wieder sehr gut gefallen hat. Euch Allen dank ich deshalb und besonders auch Dir.
Meine Fahrt ging geläufig vonstatten. Eine der vorzüglichen Kalbsrippen genügte als Futter. Dazu sog ich den Buddel leer, kaufte mir im Lauf der Dinge noch zweimal ein Glas Bier, wovon ich indeß jedesmal nur die Hälfte trank, verhielt mich sonst ruhig in meiner Ecke, ließ mich sogar, bei einer Wendung des Zuges, ohne weiters von der Sonne bescheinen und vergoß trotzallem kein Tröpfchen Schweiß. Mitreisende aber, die hie und da aus- und einstiegen, mußten viel wischen. Von Altenbeken an, wo ein Ehepaar mit drei blauen Mädeln herein kam, wurd ich allerdings ziemlich gestört. Es war ein Beispiel jener unbefangenen Familienfreude, für die Andre nicht da sind. Alles räkelte sich und machte sich lang. Der Vater ein Schwitzkerl erster Güte; die Mutter schlank, blaß, fast schön, wenn sie nicht einen Mund voll wild durcheinander gewachsener Zähne gehabt hätte; die Kinder nett von Aussehn; versperrten mir rücksichtslos die Aussicht durchs Fenster; das Kleinste trampelte mir auf den Füßen herum; der Alte rief es zurück; und schon glaubt ich, es sei meinetwegen; da täuscht ich mich; es war nur, wie er bemerkte, weil die Thür sich öffnen könnte.
Otto und Martin holten mich ab von Seesen. Das Wetter blieb schön.[197]
Nun find ich es hier in Haus und Garten sehr angenehm.
Leb wohl, liebe Grete! Grüß mir Alle und vergiß nicht, daß dir stets alles Gute wünscht
dein getreuer
Onkel Wilhelm.