1424. An Marie Hesse

[215] 1424. An Marie Hesse


Mechtshausen 30. Dec. 1903.


Meine liebe Frau Heße!

Ihr Brief, wofür ich Ihnen herzlich danke, hat mir Freude gemacht, denn ich sehe daraus, daß Sie und die Ihrigen sich wohlbefinden. Nächstens schreiben wir 1904. Möge das neue Jahr für Sie ein recht erfreuliches werden.

Von den drei Neffen, die Sie von Borkum her kennen, kann ich Gutes berichten. Die älteste Tochter von Hermann in Hattorf wird bereits Ostern konfirmirt. Adolf in Verden hat 2 Kinder, Grete, 6 Jahr, Kurt, etwas über 1 Jahr alt. Otto hier in Mechtshausen hat ihrer drei bis jetzt, Martin, Ruth und Anneliese; bald kommt, scheint's, ein viertes hinzu. Man braucht wirklich nicht bange zu sein, daß es zu leer wird in der Welt, wenn man selber hinaus geht.

Über unser Wetter seit dem Herbst kann ich nicht klagen. Augenblicklich ist es sonnig und klar bei 6 – 8 Grad Kälte. Schnee liegt wenig. Ich spatziere täglich im Garten, obgleich noch nicht viel Neues zu sehn ist darin. Allerdings der alte Haselnußbaum hängt über und über voller Kätzchen, die auf die weiblichen Blüthen warten; an der Kornelkirsche, an den Syringen schwellen die Knospen; die Schneeglöckchen kommen schüchtern an's Licht; sonst aber steht oder liegt noch alles im Winterschlaf. Nur ein[215] Unkräutchen, genannt Hühnermiere, blieb munter bis jetzt. Jeden Mittag bring ich dem Kanarienvogel ein grünes Büschel davon.

Leben Sie wohl, liebe Frau Heße! Mit den besten Grüßen und Wünschen, auch von dem Neffen Otto, Ihr alter

Wilhelm Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 215-216.
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