1512. An Letty Keßler

[240] 1512. An Letty Keßler


Mechtshausen 27. Sept. 1905.


Liebe Letty!

Von Nanda, die ich zu früh nicht mit Fragen beschweren mochte, erhielt ich ohne mein Zuthun, als ich Dich eben um Nachricht hatte bitten laßen, eine längere Beschreibung, zu der mir dein guter Brief in verschiedenen Punkten nun eine Ergänzung giebt. Ich danke dir dafür. Denn so sind wir nun mal, wir armen Menschenkinder, daß wir ein schmerzliches Ereigniß nicht bloß empfinden, sondern auch wißen müßen, wie Alles sich zugetragen. Eine doppelte Unruhe; bis die Zeit, die Gutes und Böses bringt, uns schließlich besänftigt.

Der Sommer ist jetzt zu Ende bei uns allhier. Wohl pflegt man den Herbst auch schön zu nennen in seinem silbernen Duft; mich aber gemahnt er zu sehr an den Wechsel der Dinge. Bald kommen die Stürme dahergesaust und reißen die Blätter ab, und in den Regen mischt sich der Schnee. –

Sei herzlich gegrüßt, liebe Letty, und grüß auch die Mama und Hugo und Harry von

deinem alten

Onkel Wilhelm.


"Die Geschichte der deutschen Litteratur", deren Verfaßer ich dir damals nicht genau zu benennen wußte, ist von Friedrich Vogt und Max Koch. – Befriedigt darin hat mich besonders die frühste Entwicklung bis zu den Niebelungen und die spätere bis auf Göthe und Schiller.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 240.
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