1524. An Letty Keßler

[245] 1524. An Letty Keßler


Mechtshausen 26. Dec. 1905.


Liebe Letty!

An deine Mutter schrieb ich am Tag vor dem Fest, doch ist der Brief, wie ich später erfuhr, nach hiesigem Postgebrauch bis heute im Kasten geblieben. Nun will ich auch Dir meinen Dank sagen für deine freundlichen Zeilen und dir alles Gute wünschen zum kommenden Jahr. Zu gutem Wünschen ist sogar das Wetter jetzt paßend. Der Nebel hängt dicht vor den Bergen und drückt auf die sogenannten Nerven, und man ahnt, man meint, es müßte was Beßeres kommen. Aber es mag nebeln, so viel es will, hinaus in den Garten einige Male spatzier ich tagtäglich. Wenn mir der Lehm dabei an den Schuhen haftet, denk ich an die schönen grauen Kieswege und sehe euch lieben Leutchen immer trockenen Fußes lustwandeln darauf. Und damit ich euch ja nicht vergeße, ist obendrein heute der Thee gekommen. Demnächst jeden Abend werd ich trinken davon.

Unsere drei Kinder am heiligen Abend waren glücklich befriedigt. Ja, die Welt ist nicht übel; man muß nur recht bescheiden sein und nicht zu viel verlangen von ihr.

Leb wohl, liebe Letty, und sei herzlich gegrüßt von

deinem alten

Onkel Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 245.
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