159. An Otto Bassermann

[96] 159. An Otto Bassermann


Wiedensahl d. 18. Dec. 72.


Mein lieber Baßermann!

Von deinem Plane, nach München über zu siedeln, hörte ich schon im Herbst aus Frankfurt. – Du hast mir öfters gesagt, daß dir unsere Verbindung angenehm und vortheilhaft erscheint. – Nun darf ich dir als aufrichtiger Freund nicht verhehlen, daß unsere Verbindung, wie ich glaube, dort in Frankfurt von vorn herein und noch jetzt nicht mit günstigen Augen angesehn wurde und wird. Sie ist trotzdem zu stande gekommen und wird hoffentlich noch von langer Dauer sein. Ich erwarte von Dir, daß du diesen Wink schweigend benutzen wirst.

Mit dem Typhus wird es in München nicht so schlimm sein, wenn du nur in guter Lage eine Wohnung acquiriren kannst und die notorisch gefährlichen Straßen und Häuser vermeidest. Acclimatisationskrankheiten wirst du überall bei entschiedener Ortsveränderung durchmachen müßen. Willst du einmal wechseln, so kannst du doch nur München oder Berlin im Auge haben. Denn Stuttgart, so günstig es für den Buchhändlerverkehr auch liegt, ist doch für künstlerische Anforderungen gleich Null; ebenso Leipzig; und in Dresden scheint, die Bildhauerei ausgenommen, eine unverbeßerlich biedermännische Luft zu wehen. – Dir schwebt ein eigenes Blatt und eine eigene Druckerei vor. Die letztere wäre nicht durchaus nöthig, wie Braun u. Schneiders zeigen; aber jedenfalls, in Hinblick auf Adelmann, sehr wünschenswerth; es würde dann die peinliche Subscriptionsmethode, wodurch die Helene besonders mich über den Löffel balbirt hat, nicht, wenigstens aus diesem Grunde nicht, mehr nöthig sein. – Der Vortheil eines eigenen Blattes liegt auf der Hand. Ich würde mir eine Seite ausbitten. Wo ist aber der Mann, welcher für das Übrige einsteht? – Der Kalender ist ein alter, eigentlich von dem Böblinger »blonden Maulwurf« angeregter Gedanke. Ich sprach früher mit Schauenburg darüber, und sein neulicher Besuch galt eigentlich diesem Projekte. Es findet sich wohl noch Form und Material dafür. Was ich aber zu Anfang des Jahres producire, werde ich natürlich nicht so lange kalt stellen, sondern auf frischer That publiziren und möglichst rasch rentabel zu machen suchen.

Wir hatten für das abgelaufene Jahr Ratenzahlungen verabredet. Wenn es dir nun recht ist, so möchte ich dich bitten, den Filuzius I. und Helene IV. möglichst bald und in eins zu zahlen, vielleicht durch Anweisung auf Hannover. Ich denke an die Zinsen.

Mit herzlichen Grüßen!

Willem

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 96.
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