1622. An August Gruber

1622. An August Gruber


Wiedensahl 5 Mai 1874


Mein verehrtester Herr Gruber!

Es ist sehr hübsch von Ihnen, daß Sie mir so weit von Wien daher ein freundliches Blatt der Anerkennung herüber flattern laßen. Sie wohnen in einer schönen Stadt, die auch ich im vorigen Frühling habe schätzen gelernt; und wenn ich von meinem Fenster aus über die goldenen Rapsfelder nach dem sproßenden Walde sehe, so denke ich mir gern, wie nun im Prater wohl auch die wundervollen Pappeln ihr bewegliches Silberlaub entfaltet haben. – Und erst die Leute, die da sind; darum beneid ich Sie. Da fährt gewiß auch Ihre Rosalinde, die Locken wallend im Frühlingswinde. – Ja ja! – Die Entwicklungsgeschichte, die Ahnengeschichte, das Alles läßt sich zeichnen. Es geht da mit Einem Was vor. Aber was thut er? Das Dramatische! Da fehlt's! Also – wenn ich auch nicht weiß, wie ich die Geschichte angreifen soll – so doch meinen Dank und freundlichen Gruß!

Ihr ergebenster

Wilhelm Busch.[276]

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968.
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