30. An Otto Bassermann

[26] 30. An Otto Bassermann


Wiedensahl d. 6/10 63.


Liebster Freund!

Meinem Versprechen gemäß, gebe ich dir Bericht über die Angelegenheit mit Richter. In der vorletzten Woche schickte ich ihm den Entwurf zu einem Bilderbuche, das, wie ich glaube, zu den originellsten gehört, die ich gemacht habe. Gestern erhielt ich seine Antwort. Ich lege sie bei, nebst meiner Erwiderungskladde. Daraus wirst du genugsam ersehen, wie die Sache steht, und daß meine Voraussicht leider eingetroffen ist. In meiner Antwort habe ich wenigstens noch eine kleine Hinterthür offen gelaßen; ich habe eben so geschrieben, wie ich es für meine Pflicht hielt. Deine Ansicht darüber und was etwa zu thun erwarte ich umgehend, wenn dir's irgend möglich ist.

Mit dem Briefe nach London, will ich so lange warten, bis ich etwas neues zugleich mitschicken kann.

Bald schreibe ich mehr. Herzliche Grüße an die Freunde.

Dein W. Busch.


Geehrtester Herr Richter!

In Erwiderung Ihres Schreibens vom 29t v.M. erlaube ich mir ein paar Bemerkungen.

1) Sie halten mir da einige große Männer entgegen, wie Schnorr, Schwind, Kaulbach und andre – Ihren Vater setze ich selber hinzu. Jede, auch die leiseste Parallele, mit diesen von mir so hoch verehrten Künstlern, muß ich aber als unpaßend und unbescheiden ganz entschieden zurückweisen. Ich betrachte meine Sachen einfach als das was sie sind, als Nürnberger Tand, als Schnurrpfeifereien, deren Werth nicht in ihrem künstlerischen Gehalt, sondern in der Nachfrage des Publikums zu suchen ist.

2. Wenn ich meine Kuh zu Markt bringe, so will ich sie auch verkaufen. Der Vorwurf, als wäre ich mit dem hinterlistig=dummen Gedanken umgegangen, Ihnen die Herausgabe meines Büchleins unmöglich zu machen, dürfte demnach wohl als gänzlich unüberlegt an seinen Ort verwiesen werden.

3. Die Bedingungen, welche ich Ihnen stellte, sind das Resultat einer Besprechung mit einigen Ihrer Münchner Kollegen; sind dieselben nun wider Gebrauch und Regel, so bitte ich Sie, das mit meiner eignen Geschäftsunkenntniß zu entschuldigen.

4. Sie haben mich mit Ihren Anträgen gewißermaßen verfolgt; – ich schicke Ihnen einen Entwurf, – stelle meine Bedingungen – diese Bedingungen gefallen Ihnen nicht – Sie machen ein bittersüßes Gesicht – thun mit dem ironischen Hinterfuße einen Seitenhieb und hätten unserm Freunde Baßermann beinahe Eins versetzen können. – Statt nun so die Sache vor dem Knie abzubrechen, hätte ich von Ihrer Freundlichkeit vie[l]mehr eine[26] Auseinandersetzung und die Zusendung Ihrer eignen Vorschläge erwartet. Ich bin ja kein solches Ungeheuer, daß sich nicht mit mir reden ließe;

Und auch jetzt noch, indem ich die Sache geschäftlich ansehe, scheint mir eine Ausgleichung nicht allein möglich, sondern, meinerseits wenigstens, noch immer wünschenswerth. Ob das nun geschehen soll, stelle ich hiermit Ihrem eignen Ermeßen anheim.

Hochachtungsvoll ergebenst

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 26-27.
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