327. An Erich Bachmann

[159] 327. An Erich Bachmann


Wiedensahl 9 Dec. 1875.


Mein lieber Erich!

Deinen ausführlichen, lustigen Brief habe ich allerdings seinerzeit erhalten. Aber wie's so geht. Man zögert und zögert, und eh man's denkt, ist die Zeit vergangen. Ich habe aus jenem Briefe mit Vergnügen ersehn, daß du nach unserer stürmischen, rauhen, krampfhaften Hinfahrt nach Göttingen eine sanfte, milde, versöhnungsvolle Rückfahrt gehabt hast. So wird denn ja wohl alles vergeßen und vergeben sein.

Wir sitzen hier jetzt auch recht im hohen Schnee; ein paar Tage lang waren alle Wege zugeweht. Es ist aber nicht übermäßig kalt dabei; und da ich über Feld nichts zu suchen habe, so kommt mir dies Wetter recht heimlich und behaglich vor.

Mit dem neuen Docter sind die Leute, wie ich höre, recht zufrieden; er hat vollauf zu thun. Ich habe ihn immer noch nicht gesehn. Hoffentlich kriegt ihr auch bald wieder einen. Der Mangel muß doch wohl nicht so groß an Ärzten sein, wenigstens nach den vielen zu schließen, die sich hier auf die Anzeige gemeldet haben. Man hat sich hier allerdings zu einem Fixum von 500 Thalern geeinigt, und etwas ähnliches müßt ihr am Ende doch auch thun.

Der Sohn unsers Bürgermeisters ist Trichinensucher. Nun haben sich aber unsere guten, conservativen Bürgersleute, bis auf ein paar, ganz ernstlich vorgenommen, nicht untersuchen zu laßen. Sie behaupten, wenn ihre Schweine Trichinen hätten, so ginge das keinen Andern was an. Einer hat sogar gesagt: er wollte schon so lange Strafe bezahlen, bis die Polizei müde würde, sie einzukaßiren. Nun ja! Geben ist seliger als Nehmen; es fragt sich aber doch, wer's am längsten aushält.

Bruder Hermann wird über Bremen reisen, wohin ihn ein Freund aus Emden eingeladen, bei deßen Hochzeit er Brautführer gewesen und der die Festtage bei seinen Schwiegereltern sein wird; oder wohl länger; denn Hermann denkt zum Feste schon hier zu sein. Ich weiß nun allerdings noch nicht genau, was Hermann dann weiter vor hat, hoffe aber, daß er mit zu Sylvester nach Wolfenbüttel fährt. Von dort aus, wenn's nicht gar zu arges Wetter ist, komme ich zu Euch nach Ebergötzen. Da wollen wir denn mal wieder recht gemüthlich bei einander sitzen.

Deiner Frau laß ich von Herzen gute Beßrung wünschen. An Mutter, Schwester und die jungen Mädchen meine besten Grüße!

Stets dein getreuer Freund

Wilhelm

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 159-160.
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