371. An Letty Keßler

[174] 371. An Letty Keßler


Wiedensahl 20 Dec. 76


Liebs Lettychen!

Da sitz ich nun wieder am Fenster des Pfarrhauses und seh über den Garten weg in das kalte regnigte Wetter hinaus. Also dort hinüber liegt Frankfurt, wo das schöne große Haus steht mit der guten Mama darin, die Morgens den guten Kafé braut, den guten Lebkuchen backt und in der Dämmrung den guten Thee bereitet. (N.B. wenn er zu lange steht, wird er bitter.) Und's gute Mamachen hat zwei so herzige Mädeln, ein brauns und ein blondes. »Ach! – denk ich mir – wärst du doch nur erst wieder dort und säßest im Canapee, wie der Käfer zwischen Rosen!« Nun! gar zu lang wird's ja nicht währen. Dann wollen wir aber auch wieder recht vergnügt zusammen sein. Achja!!

Was macht denn der Hals? Hustet er immer noch: Ahem!

Grüß mir das Heinzerle recht schön!

Dein getr. Onkel Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 174.
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