547. An Franz von Lenbach

[229] 547. An Franz von Lenbach


Wiedensahl 11. Mai 82.


Liebster Lenbach!

Die munteren Zickzackzüge Deiner Hand mal wieder zu erblicken, hat mir ausnehmend wohl gethan. – Rom und wieder Rom? – Ein rüstiger Wandervogel! – Die Freude zu konstatieren, daß ein guter Freund recht alt geworden (ja, ja!), muß ich mir demnach bei Dir wohl noch eine geraume Zeit versagen. Ich für mein Theil komme in die Jahre der bequemen Hausschuhe. Gemächlich spatzier ich dem Frühling nach und wundere mich über das Gedrängel von Laub und Kraut und wie all das Zeug so mit stiller Hartnäckigkeit sich durch Schollen und Rinden gedrängt hat. – Wenn's wieder dürr wird und raschelt – im Herbst – seh ich Dich dann? Hinter den Bergen vielleicht? – Aber dieser Gedon hätte doch auch etwas geschickter telegraphieren sollen. So ist er nun neulich zu meinem Bedauern ganz dicht an mir vorbeigesaust.

Lebwohl, mein Lieber! Meinen Gruß an Deine liebenswürdigen Tanten Augusta, Josepha, Victoria.

Mit dem Schwur der Treue

Dein alter

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 229.
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