646. An Franz von Lenbach

[267] 646. An Franz von Lenbach


Wiedensahl 12. Juni 86.


Meinen Dank, liebster Lenbach, für dein neuliches Schriftstück aus Rom! Meinen unberufenen, aber herzlichen Dank auch für deine neusten Portraits eines braven Königs nebst schöner Gemahlin im Namen der Nachwelt! Denn voreilig, wie dies Manchem erscheinen dürfte, sagt mir doch eine[267] ahnungsvolle Zuversicht, daß unsere Menschheit in den nächsten fünfhundert Jahren noch nicht so von Grund aus gut geworden und gescheidt, um die Monarchen ungestraft entbehrlich zu finden und ihre Konterfeis mit häßlicher Seelenruhe in den Ofen zu schieben. – In Betreff der Zukunftsmusik hüll ich mich möglichst in ein berufenes Schweigen. Aus der Musikantenstadt am Kongo ist leider Nichts geworden. So müßen denn zunächst die musikalisch Wilden des verbildeten Erdtheils bekehrend angetutet werden. Freund Levi hält mich für den Richtigen und meint's gut mit mir. Jedenfalls möcht ich ihn gern, ob mit, ob ohne Spektakel, im Laufe dieses Jahres noch wiedersehn.

Allhier in meinem Heimathswinkel ergötzt mich inzwischen ein reizender Frühling. Die erste Brut der Staare ist längst hinausgeflogen und die Alten rüsten und freuen sich schon auf die Herstellung der zweiten. Gestern fiel ein ruhiger, reicher, vielbelobter Regen. Somit ist denn auch eine ersprießliche Kohlerndte so gut wie gesichert.

Leb wohl, liebster Freund! Grüß mir den Wagner! Und schicke bald mal wieder eine schriftliche Beglaubigung deines Vorhandenseins an deinen getreuen

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 267-268.
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