779. An Marie Hesse

[316] 779. An Marie Hesse


Wiedensahl 11. Jan. 90.


Meine liebe Frau Heße!

Seien Sie herzlich bedankt für Ihren Brief, der mir sagt, daß Sie unserer noch freundlich gedenken und vor allem, daß Sie sich beßer befinden, als bisher. Möge das doch auch ferner der Fall sein! Meine Neffen sowohl wie ich, wir haben unsere guten Freunde von Borkum nicht vergeßen, sondern wünschen ihnen alles Gute, was sie sich selbst nur wünschen können.[316]

Hermann sitzt thätig und zufrieden auf seiner Pfarre in Hattorf und sieht einer baldigen Vergrößerung seiner Familie entgegen. – Adolf, nachdem er sein Staatsexamen gemacht, dient seit dem ersten October sein Jahr ab bei der Batterie in Wolfenbüttel, wo er im Hause seiner Tante sehr angenehmes Quartier gefunden hat. Er ist gutes Muths und reitet tapfer drauf los. Die Anfangsplagen, das Ergreifendste bei derartigen Beschäftigungen, hat er ja nun hoffentlich wohl überstanden. – Otto, der sein Jahr schon über ein Jahr hinter sich hat, der im Herbst, auf 8 Wochen wieder einberufen, die kaiserlichen Kriegsspiele mitmachte, zum Theil bei abscheulichem Wetter, sitzt seit ein paar Tagen in Göttingen wieder emsig hinter den Büchern.

Der zweite Weihnachtstag brachte uns einen Todesfall, wodurch wir betrübt aus einander gerüttelt wurden. So war denn der Schluß des alten Jahres für uns kein ruhiger.

Leben Sie wohl, liebe Frau Heße! Mit den besten Grüßen an Sie und die Ihrigen (wären die Neffen hier, sie würden mit einstimmen)

Ihr ergebenster alter Freund

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 316-317.
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