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[324] 798. An Adolf Nöldeke
Wiedensahl 11. Aug. 90
Deinen Brief, lieber Adolf, erhielt ich heut morgen und habe sogleich der hann. Bank Auftrag gegeben, dir 500 Mk. zu schicken, über deren Empfang du mir wohl gelegentlich Nachricht giebst. – Das Wetter war bisher vorzüglich. Die Bauern haben eine schnelle und ergiebige Roggenerndte gemacht. Im Garten steht alles gut; nur die Kartoffeln, wie überall hier, fangen an tüchtig faul zu werden. Die Rosen, nachdem sie von den Raupen ordentlich kahl gefreßen waren, haben nun wieder Laub gekriegt und blühen ihr zweites Mal. – Am Hausgiebel im wilden Wein übernachten immer hunderte von Sperlingen, reren viel, und doch mag ich die betriebsamen Kerle nicht aus ihrer sicheren Ruhestätte vertreiben. – Vorige Woche überraschten mich die Kreuzhorster Feriencolonisten mit Gesang. Drei Lehrer dabei. Da Frl. Kather grad ausgegangen, war das Weintractement etwas schwierig. Doch kam Fr. Nickels zu Hülfe. – Der Anmeldungstermin für's Seminar ist, wie ich nachträglich höre, mit dem 1ten Aug. schon vorbei gewesen. Hoffentlich gelingt's dir noch, obwohl ich glaube, daß so ganz viel nicht damit gewonnen wird.
Zu dem Manoeuver, welches Abwechselung in Aussicht stellt, wünsch ich dir guts Wetter, gute Quartiere und daß du kein Malheur hast. – Grüß Tante, Else und Hans S. recht herzlich.
Dein getr. Onkel
W.B.