847. An Nanda Keßler

[343] 847. An Nanda Keßler


15. Dec. 91.


Liebe Nanda! – Ich schrieb dir längst und du schriebst nicht wieder. Oweh! Mir sitzt ein Wörtlein im Sinn – wo hört ich's nur gleich? – das heißt: rächen. Ein krächzendes Wort, giftig und vergiftend; aber noch glaub ich nicht dran. Weihnacht klingt friedlich. Drum schreib ich denn flugs ein paar Zeilen zum zweiten Mal, und hast du vielleicht noch ein Tröpflein Herzensgüte in petto, dann thu's in die Tinte, tauch die Feder ein und gieb Antwort. – Hier ist's nach den letzten Stürmen, die dem Kastanienbaum das Haupt geschüttelt, wieder gar still um's Haus. Zum heil. Abend erst kommen die Neffen. Kleine Kinder fehlen leider. – Die Deinigen sind dann hoffentlich wieder so wohl, daß du die Festfreude ungetrübt genießen kannst, wie dir's von Herzen wünscht

Dein Onkel W.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 343-344.
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