935. An Otto Bassermann

[19] 935. An Otto Bassermann


Wiedensahl 31. Oct. 93.


Lieber Baßermann!

Meinen Dank für deinen freundlichen Brief! – Was mich besorgt macht, ist, daß grade ein Redacteur des Tageblatt neulich bei dem Fall Kirchhof gezeigt hat, was von solchen Leuten zu erwarten ist. – Wohl Keiner segelt in so sicherem Gewäßer, daß er die Preßpiraten nicht zu fürchten hätte. Alte Geschichten, Klatsch, Briefe, Worte im ersten Ärger gesagt, längst beigelegt und vergeßen und vergeben – das wird wieder aufgestöbert und[19] vor's Publikum gebracht und stiftet nun womöglich mehr Unfug und Verdruß, als jemals zuvor. Was helfen Berichtigungen, selbst Klagen, wenn der Andre fortfährt zu verleumden, zu verdächtigen? Bei solchen Gelegenheiten zieht, wer anständig, fast immer den Kürzeren und darf nur froh sein, wenn wenigstens seine Angehörigen direkt nicht verwundet werden. Bei mir würde hinzukommen, daß gar viele Blättchen, deren Wünsche ich abgelehnt, mit Vergnügen für weitere Verbreitung sorgten. – Also, wenn das Prinzip es irgend erlaubt, laß Gnade für Recht ergehn. Die Sach ist vereinzelt, der angerichtete Schaden nicht mehr rückgängig zu machen.

Hoffentlich hast du noch schönes Wetter in diesem Mannheim. Du bist da, wo mir recht ist, bei liebenswürdigen Verwandten, denen ich mich unbekannter Weise zu empfehlen bitte.

Es würde mir lieb sein, wenn du mir noch mal schreiben wolltest.

Mit herzlichem Gruß dein alter

Wilh. Busch.


"Lechner's Mittheilungen", die zu ihrer Weihnachtsanzeige einen Spruch wünschten, hab ich einen gemacht.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 19-20.
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