2. Szene.

[138] Soldaten, Clarin.


ERSTER SOLDAT von außen.

Er ist hier in diesem Turme.

Auf, und sprengt die Tür des Kerkers;

alle dringt hinein!

CLARIN.

Mein Gott!

Wohl auf mich ist's abgesehen;

denn sie sagen, ich sei hier.

Was nur soll ich?

ERSTER SOLDAT von außen.

Rasch, Gesellen!


Viele Soldaten dringen herein.


ZWEITER SOLDAT.

Seht, er ist's!

CLARIN.

Er ist's nicht.

ALLE.

Herr!

CLARIN beiseite.

Sind sie wohl vom Wein benebelt?[139]

ERSTER SOLDAT.

Du bist unser rechter Fürst;

denn wir wollen und erkennen

nur den angestammten Herrn,

nicht den Fürsten aus der Fremde.

Laß uns deine Füße küssen!

ALLE.

Unser großer Fürst soll leben!

CLARIN beiseite.

Nun, bei Gott, sie machen Ernst.

Ist es Brauch in dieser Gegend,

daß sie täglich sich zum Fürsten

einen ausersehn, und stecken

dann ihn in den Turm? Gewiß,

denn noch konnt ich's täglich sehen.

Nun, die Rolle nehmen muß ich.

ALLE.

Gönn uns deine Füße!

CLARIN.

Schwerlich,

denn ich brauche sie ja selbst.

Und mit einem Fürsten ständ es

traurig, wär er ohne Füße.[140]

ZWEITER SOLDAT.

Alle, die wir sind, erklärten

deinem Vater, daß wir keinen

außer dir als Herrn erkennen;

nicht Astolfen.

CLARIN.

Meinen Vater

respektiertet ihr so wenig?

Ihr seid einer wie der andre.

ERSTER SOLDAT.

Treue war es unsrer Herzen.

CLARIN.

War es Treue, so verzeih ich.

ZWEITER SOLDAT.

Komm, dein Reich dir herzustellen,

lebe, Sigismund!

ALLE.

Leb hoch!

CLARIN beiseite.

Sagt er Sigismund? Noch besser!

Sigismund, so heißen alle

nachgemachte Prinzen, denk ich.


Quelle:
Calderon de la Barca, Pedro: Das Leben ein Traum. Leipzig 1964, S. 138-141.
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