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[372] Vers 9413–9449.
Der würd'ge Bettelmönch und Klostermann
Sah stets verbissen noch den Büttel an,
Obschon so vielen Anstand er bewies,
Daß er bislang zu schimpfen unterließ;
Jedoch zu guterletzt das Wort er nahm
Und sprach zum Weibe: »Schütz' Euch Gott! Madam!
Ihr rührtet hier – auf Ehr' und Seligkeit! –
An Schulmaterien voller Schwierigkeit!
Zwar spracht Ihr schön – das will ich nicht bestreiten –
Indeß, Madam, um Scherz zu treiben, reiten
Wir miteinander hier auf unserm Wege;
In Gottes Namen! laßt die Schriftbelege
Den Priesterschulen und dem Predigtamt.
Doch seid Ihr einverstanden allesammt,
Erzähl' ich einen Schwank von einem Büttel!
Pardi! ersehen könnt Ihr aus dem Titel,
Daß es gewiß nichts Gutes ist, und drum
Nehm' es mir keiner von Euch – bitt' ich – krumm.
Ein Büttel nämlich trägt von Haus zu Haus
Die Strafmandate an die Hurer aus
Und kriegt an jeder Straßenecke Prügel!«
»Ei!« – rief der Wirth – »halt doch in Zaum und Zügel[373]
Dein Maulwerk und bedenke, wer Du bist!
Wir wollen in Gesellschaft keinen Zwist!
Fahr' fort! jedoch vom Büttel schweige still!«
»Nein!« – sprach der Büttel – »laßt ihn, was er will,
Von mir erzählen! Jeden Deut – das glaubt! –
Zahl' ich ihm heim, wird mir das Wort erlaubt.
Dann sprech' ich von dem ehrenwerthen Stande
Der schmeichlerischen Bettelbrüderbande
Und ihrem lasterhaften Thun und Treiben,
Was vor der Hand noch unerwähnt mag bleiben;
Denn sein Geschäft kommt später noch zur Sprache.«
»Still!« – rief der Wirth – »Nichts mehr von dieser Sache!«
Und wandte sich zum Bruder mit dem Wort:
»Mein lieber Meister, fahrt im Texte fort.«
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Canterbury-Erzählungen
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