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[133] Vers 3919–4322.
Bei Trumpington nicht fern von Cambridge fließt
Ein Bach; und unweit einer Brücke siehst
Du eine Mühle liegen an dem Bache.
Dort war – ich melde eine wahre Sache –
Seit langer Zeit ein Müller schon zu Haus.
Er spreizte stolz sich wie ein Pfauhahn aus;
Er konnte pfeifen, fischen, schießen, ringen,
Die Netze flicken und den Becher schwingen.
Eine Pavade von gewalt'ger Länge
Trug, scharfgeschliffen, er am Wehrgehänge.
Im Hosensack er einen Puffer führte,
Und in Gefahr kam, wer ihn nur berührte.
Ein Sheffield-Messer trug er in dem Strumpf.
Sein Kopf war rund und seine Nase stumpf.
Kahl war sein Schädel wie ein Affensteiß.
Auf jedem Markt schrob er empor den Preis.
Wenn man ihn nur berührte mit der Hand,
Schwur er gleich Rache, die man bald empfand.
Selbstredend war ein Dieb von Korn und Mehl er,
Doch ein geriebner und durchtriebner Stehler.
Den stolzen Simkins hieß man ihn mit Namen.
Ein Weib besaß er aus höchst edlem Samen;[134]
Ihr Vater war der Pfaffe von dem Städtchen,
Erziehen ließ im Kloster er das Mädchen
Und gab ihr mit viel kupferne Geschirre,
Damit er Simkins, sie zu freien, kirre;
Denn, da er Freisaß, sei ihm Standes wegen
– Sprach Simkins – sehr an Jungfernschaft gelegen,
Und ohne Mitgift wollt' er keine frein.
Stolz war sein Weib und wie ein Elsterlein
So schwatzhaft. – Aber herrlich war die Schau,
Wenn – er voran und hinterdrein die Frau –
An Fest- und Feiertagen alle beide
Zur Kirche gingen, sie im rothen Kleide
Und hochbemützt in rothen Strümpfen er.
Wenn je ein Bursch so frech gewesen wär',
Sie anders wie »Madam« zu tituliren,
Mit ihr zu scherzen oder zu charmiren,
Erschlagen hätte Simkins solchen Strolch
Mit seinem Degen, Messer oder Dolch.
– Gefährlich ist der Eifersücht'gen Grimm,
Und ihre Weiber haben's immer schlimm. –
Zwar etwas schmierig, doch voll Dignität
War sie wie Wasser, das im Graben steht.
Geneigt war sie zum Aerger und zum Schelten,
Und dachte jeder Dame gleich zu gelten
An Herkunft, und weil Bildung sie empfing
Im Nonnenstift, wo sie zur Schule ging.
Ein Töchterchen von zwanzig Jahren hatten
In ihrer Ehe nur erzeugt die Gatten,
Den Buben in der Wiege ausgenommen,
Der vor sechs Monden hinterdrein gekommen.
Dick war das Mädchen und von gutem Bau,
Die Nase stumpf, die Augen klar und grau,[135]
Die Hüften breit, die Brüste rund und voll,
Und schön ihr Haar, wenn ich nicht lügen soll.
Zur Erbin hatte, da das Kind so schön,
Der Pfaffe sein Großtöchterchen ersehn,
Auch ihr an Vieh und Gütern jeder Art
Im Heirathsfall das Eigenrecht gewahrt.
Er wünschte für sie einen Eh'genossen,
Aus altem Blut und gutem Haus entsprossen.
Antheil gebührt vom heil'gen Kirchengut
Der Descendenz vom heil'gen Kirchenblut.
Ihm schien's, sein heilig Kirchenblut zu ehren,
Erlaubt, vom heil'gen Kirchengut zu zehren.
Des Müllers Mahlverdienst war zweifellos
An Malz und Weizen rings im Lande groß.
Besonders war in Cambridge dies der Fall,
Wo ein Colleg, genannt die Söller Hall',
Zur Mühle sämmtliches Getreide sandte.
Indessen eine schwere Krankheit bannte
Den Schaffner an sein Bett, und Jedermann
Sah seinen Tod als unvermeidlich an.
War nun der Müller schon vorher ein Stehler,
So stahl jetzt hundertfach an Korn und Mehl er,
Und wenn er's früher noch mit Maß betrieb,
So war er jetzt der unverschämt'ste Dieb.
Doch ob der Rector schalt und schrie Hallo!
Das kümmerte den Müller nicht ein Stroh;
Er schwur und tobte, Lügner seien Alle!
Nun wohnten damals in der Söller Halle,
Von der ich schon gesprochen, zwei Scholaren,
Die arm, doch jung und übermüthig waren,[136]
Und die, stets aufgelegt zu Scherz und Spaß,
Den Rector quälten sonder Unterlaß,
Mit ihrem Korn zur Mühle hin zu gehn,
Um sich das Mahlen selber anzusehn.
Sie beide wollten ihren Hals dran setzen,
Im Falle durch Gewalt und List beim Metzen
Der Müller sie nur um ein Maß beraubte.
So kam es, daß der Rector es erlaubte.
Johann und Alein hießen die Scholaren,
Aus Strother, hoch vom Norden her, sie waren,
Doch, wo die Stadt liegt, ist mir unbekannt.
Als Alein darauf Alles nun in Stand
Gerichtet, lud er seinen Sack aufs Pferd,
Und Hans und er ergriffen Schild und Schwert,
Und, da der Wege kundig war Johannes,
Ging ohne Führer eilig fort sodann es,
Bis an die Mühle sie den Sack gebracht.
Und Alein sprach: »Heil, Simon! Ei, was macht
Dein schmuckes Weib und Töchterlein? Sag' an!«
»Willkommen mir, Herr Alein und Johann!
Nun, meiner Treu,« – sprach Simkins – »was soll's geben?«
»Simon,« – sprach Hans – »die Noth lehrt beten eben;
Sich selbst bedient, wer eines Knechts entbehrt,
Sonst ist ein Narr er, wie der Weise lehrt.
Der Küchenmeister stirbt bald, wie ich wähne,
Ihm wackeln schon im Kopf die Backenzähne,
Weßhalb statt seiner ich und Alein gingen,
Das Korn gemahlen wieder heim zu bringen.
Wir bitten, eile! denn es drängt uns fort.«[137]
»Das wird besorgt« – sprach Simkins – »auf mein Wort!
Doch wie wollt Ihr Euch nur die Zeit vertreiben?«
»Bei Gott!« – sprach Hans – »ich will am Trichter bleiben;
Ich sah noch nie, bei meines Vaters Blut!
Wie man das Korn hinunterschütten thut,
Und wie's im Trichter schüttelt hin und her!«
»Nun, Hans!« – sprach Alein – »ist das Dein Begehr,
Mach' ich's wie Du und stell', bei meiner Seel'!
Mich unten auf, zu sehen, wie das Mehl
Zum Loch hinaus und in den Kasten fällt;
Denn, wie mit Dir, ist es mit mir bestellt:
Ich bin als Müller fast so dumm wie Du!«
Der Müller aber hörte lachend zu
Und dachte: »Das sind alles nichts als Lügen,
Sie denken, Niemand könne sie betrügen;
Doch, meiner Treu'! ich übertölp'le sie
Trotz aller Schlauheit und Philosophie!
Je mehr sie kommen mit solch krummen Schlichen,
Je mehr und mehr wird von mir eingestrichen,
Und statt des Mehls bekommen sie die Klei'!
Daß ein Gelehrter nicht der Schlau'ste sei,
Ward schon dem Wolf bewiesen durch das Pferd.
All' ihre Kunst ist keinen Strohhalm werth.«
Und aus der Thüre schlich der Müller sachte,
Sobald er sah, daß es kein Aufsehn machte,
Und spähte hin und her, bis er gefunden,
Wo der Scholar das Rößlein angebunden,
Das hinten unter einer Laube stand.[138]
Rasch schlich er sich heran und strich gewandt
Dem Gaule dann rasch übern Kopf den Zaum.
Der Hengst begann durch dick und dünn, als kaum
Er frei sich spürte, wiehernd fort zu springen
Dem Moore zu, wo wilde Mähren gingen.
Der Müller kehrte heim und sprach kein Wort,
In seiner Arbeit fuhr er munter fort
Und trieb mit den Studenten Schabernack.
Kaum war das Mehl gemahlen und im Sack,
Ging Hans hinaus, daß nach dem Gaul er sähe;
Doch der war fort, und Hans schrie: »Alle Wehe!
Ach, Alein, eile, komm' in aller Schnelle!
Um Gottes Willen, hilf mir auf der Stelle!
Ach! unser Rector hat sein Pferd verlor'n!«
Im Augenblicke gingen Mehl und Korn
Und jede Vorsicht Alein aus dem Sinn;
»Wo ist der Gaul?« – schrie er – »wo lief er hin?«
Gleichzeitig rann die Müllerin hervor:
»Da läuft, so rasch es laufen kann, im Moor«
– Rief sie – »mit wilden Mähren Euer Pferd!
Und andern Lohn ist auch die Hand nicht werth,
Die es so liederlich hier angebunden!«
»Alein,« – rief Hans – »wirf doch, bei Christi Wunden!
Dein Schwert von Dir; es wiegt, Gott mag es wissen,
Schwer wie ein Reh! Ich hab' es weggeschmissen!
Es darf, bei Gott, das Pferd uns nicht entkommen!
Warum hast Du's nicht in den Stall genommen?
Verdammter Alein! ach, Du bist ein Thor!«[139]
In Hast und Eile rannten hin zum Moor
Die zwei Scholaren, Alein und Johann.
Der Müller sah's, und ging sogleich daran,
Ein halbes Scheffel Mehl sich auszusacken
Und hieß der Frau draus einen Kuchen backen.
Er sprach: »Wie schlau auch der Studenten Art,
Ein Müller putzt selbst ihnen noch den Bart
Trotz ihrer Weisheit! – Kinder, viel Vergnügen!
Da gehn sie hin! Nur immerzu! – Sie kriegen,
Bei meiner Treu', so leicht den Gaul nicht wieder!«
Die dummen Schüler liefen auf und nieder
Mit »Halt! – Steh' still! – Komm, komm! – Hussa, mein Thier!
Geh', pfeife Du, ich steh' und fass' ihn hier!«
Doch, kurz und gut, es war schon finstre Nacht,
Bevor sie noch trotz aller Müh' und Macht
In einen Graben ihren Gaul gehetzt
Und eingefangen ihn zuguterletzt.
So matt und naß wie Thiere nach dem Regen,
Kroch Hans hervor mit Alein, dem Collegen.
»Weh' sei dem Tag,« – sprach Hans – »der mich geboren!
Zu Schimpf und Schande sind wir auserkoren!
Gestohlen ist das Korn! Mit Spott beladen
Wird uns der Rector und die Kameraden,
Und ach! der Müller wohl vor allen Dingen!« –
So klagte Hans, als Beide fürbaß gingen
Der Mühle zu, den Braunen an der Hand,
Derweil der Müller vor dem Feuer stand.[140]
Im Dunkeln konnten sie nicht weiter ziehn,
Drum baten sie um Gotteswillen ihn
Um Essen und um Herberg für ihr Geld.
Der Müller sagte: »Nun, wie's steht und fällt,
Und wie es ist, sei es Euch gern gewährt.
Mein Haus ist eng, doch Ihr seid hochgelehrt;
Durch Argumente dehnt Ihr einen Raum
Zur Meile aus, der zwanzig Fuß breit kaum.
Wir wollen sehn, ob Euch der Platz gereicht?
Sonst sprecht ihn größer, Eurer Kunst ist's leicht!«
Hans sagte: »Simon, bei St. Cuthberts Blut!
Dein Witz ist trefflich und die Antwort gut;
Ich hörte sagen: ist die Wahl bedingt,
Nimm, was Du findest oder man Dir bringt;
Doch, lieber Wirth, ich bitte Dich, jetzt denke
Vor allem an die Speisen und Getränke.
Sieh', hier ist Geld, das willig wir verspenden,
– Man lockt die Falken nicht mit leeren Händen –
Und unsern vollen Preis bezahlen wir.«
Der Müller schickte gleich nach Brod und Bier
Zur Stadt die Tochter und hing an den Heerd
Die fette Gans und band dann fest ihr Pferd.
Mit Tüchern von Chalons und feinem Leinen
Bedeckt' er drauf ihr Bett, das von dem seinen
Zehn bis zwölf Fuß etwa entfernt nur war. –
Nun schlief – in ihrem eignen Bette zwar –
Doch dicht dabei im selben Kämmerlein
Die Tochter, und nicht anders konnt' es sein,
Denn Herbergszimmer waren nicht im Hause.
Vergnüglich saßen sie beim Abendschmause[141]
Und tranken weidlich starkes Bier dazu,
Und gingen gegen Mitternacht zur Ruh'.
Der Müller hatte mächtig pokulirt,
Nicht roth, nein weiß war sein Gesicht lackirt;
Mit Schlucken sprach er und mit Nasenzwang,
Als sei an Schnupfen er und Leibweh krank,
Und ganz betrunken sich zu Bette wälzt' er.
Auch seine Frau stieg, plappernd wie die Elster,
Vergnügt und lustig in das Bett geschwind.
Zu Füßen stand die Wiege mit dem Kind,
Um es zu tränken und in Schlaf zu wiegen;
Und, da kein Tropfen Bier mehr in den Krügen,
Ging auch zu Bett die Tochter, und alsdann
Zu Bette gingen Alein und Johann.
Auf keinen Schlaftrunk konnten sie mehr hoffen;
Rein war das Bier vom Müller ausgesoffen,
So daß er schnarchte wie ein Gaul im Traum;
Und auch sein Schwanzend hielt er nicht im Zaum.
Sein Weib sang kräftig ihren Rundreim mit,
Man hörte schnarchen sie auf tausend Schritt',
Und auch die Dirne schnarcht par compagnie.
Ins Ohr drang Alein diese Melodie,
Er weckte Hans und sprach: »Wie? schläfst denn Du?
Horchtest Du je solch einem Singsang zu?
Welch ein Concert wird aufgeführt von Allen!
Auf ihre Leiber möge Feuer fallen!
So Gräuliches hab' ich noch nie vernommen,
Doch soll es ihnen schließlich schlimm bekommen!
Für diese Nacht ist nicht an Schlaf zu denken;
Jedoch, was thut's? Mich soll es wenig kränken;[142]
Denn, Hans,« – sprach er – »der Kuckuk soll mich holen!
Gelingt's mir nicht, die Dirne zu versohlen.
Wir dürfen uns entschädigen, Johann,
Denn ein Gesetz besagt: ein Jeder kann,
Sofern ein Unrecht man an ihm begangen,
Mit Fug und Recht dafür Ersatz verlangen.
Der Müller stahl das Korn uns, das ist klar,
Und da ein Unrecht zugefügt mir war,
Gebührt mir ein Ersatz auch, unbestritten,
Für meinen Schaden, welchen ich erlitten;
Bei Gottes Seele, das ist ausgemacht!«
»Nun, Alein,« – sagte Hans – »nimm Dich in Acht,
Der Müller kommt mir höchst gefährlich vor,
Störst Du ihn plötzlich aus dem Schlaf empor,
Spielt er uns beiden sicher eine Tücke!«
»Das kümmert mich« – sprach Alein – »keine Mücke!«
Stand auf und kroch zur Dirne in das Nest.
Auf ihrem Rücken schlief sie tief und fest,
Und bei ihr war er, ehe sie's erspäht,
Und, um zu schreien, war es schon zu spät,
Denn – kurz und gut – sie gingen gleich daran.
Vergnügtes Spiel! – Jetzt sprech' ich von Johann.
Ganz still lag Hans für eine kurze Zeit
Und machte sich viel Weh' und Herzeleid.
»Ach!« – sprach er – »dieses ist ein Schelmenstreich!
Ich selber – dünkt mich – bin dem Affen gleich.
Mein Freund entschädigt sich für seinen Harm,
Des Müllers Tochter hält er in dem Arm,[143]
Und für sein Wagestück hat er Vergnügen,
Doch wie ein Strohsack muß im Bett ich liegen,
Wird eines Tags erzählt der lust'ge Scherz,
Gelt' ich als Narr und Dummbart allerwärts.
Bei meiner Treu'! auch ich will etwas wagen;
Denn wer nicht wagt, gewinnt nicht, hört' ich sagen.«
So stand er auf und schlich zur Wiege sachte,
Hob sie empor mit leiser Hand und brachte
Sie zu den Füßen seines Betts behende.
Bald machte mit dem Schnarchen auch ein Ende
Die Müllerin, verließ das Bett und p.....
Und tappte sich zurück, jedoch vermißte
Die Wiege, denn die stand nicht länger da.
»O, weh!« – sprach sie – »ich irrte mich beinah',
Ums Haar stieg ich ins Bett zu den Scholaren!
Grundgüt'ger Gott! da wär' ich faul gefahren!«
So ging sie fort, bis sie die Wiege fand
Und tappte dann sich weiter mit der Hand
Zum Bette hin, der Wiege nebenbei;
Und dachte nun, daß sie ganz richtig sei;
Denn, da es dunkel, war sie nicht im Klaren,
Doch – kurz und gut – sie kroch zu dem Scholaren
Und lag ganz still und fing zu schlafen an.
Nach kurzer Zeit erhob sich dann Johann
Und kniete sich mit Macht aufs gute Weib.
Nicht oft genoß sie solchen Zeitvertreib,
Denn hart und tief stieß er hinein wie toll.
So lebten die Scholaren freudenvoll,
Bis daß der Hahn zum dritten Mal gekräht.
Und Alein, der die ganze Nacht genäht,[144]
War matt geworden um die Morgenzeit,
Und sprach: »Mein Miekchen, meine süße Maid!
Leb' wohl! ich muß von hinnen; es wird Tag.
Doch, wo ich reiten oder gehen mag,
Der Deine bleib, bei meiner Seligkeit, ich!«
»Nun, mein Herzliebster,« – sprach sie – »Gott geleit' Dich!
Doch, eh' Du gehst, sag' ich Dir noch ein Wort.
Eilst heimwärts Du aus unsrer Mühle fort,
Vergiß nicht, bei der Thür umher zu suchen.
Du findest hinter dieser einen Kuchen,
Halbscheffelgroß aus Deinem Mehl gebacken.
Ich selbst half Vater es bei Seite packen.
Gott schütze Dich, Du herzgeliebter Mann!«
Und mit dem Wort fing sie zu weinen an.
Und Alein geht und denkt, bevor es helle,
Kriech' ich zu Hans in meine Lagerstelle.
Doch, da er dort die Wiege stehen fand,
Sprach er: »Gott weiß! ich habe mich verrannt!
Mein Kopf ist wüst; ich trieb es gar zu fleißig
Die Nacht hindurch; drum ging ich fehl, das weiß ich,
Denn an der Wiege merk' ich ganz genau:
Hier schläft der Müller und die Müllersfrau.«
Er tastete dann teufelmäßig schief
Sich hin zum Lager, wo der Müller schlief;
Und in dem Glauben, bei Johann zu sein,
Stieg zu dem Müller er ins Bett hinein,
Und schüttelt' ihn und faßt' ihn bei dem Schopf
Und sprach: »Johann, wach' auf, Du Schweinekopf![145]
Bei Christi Seel'! das war ein Hauptvergnügen!
Beim heiligen Jakobus! ohne Lügen
Hab' dreimal ich in dieser kurzen Nacht
Des Müllers Tochter kerzengrad bedacht,
Indessen feige Deine Zeit verpaßt Du!«
»Ha! falscher Buhler!« – schrie der Müller – »hast Du?!
O, falscher Erzverräther von Student!
Ich bring' Dich um, bei Gottes Sakrament!
Wie? zu entehren hast Du Dich erfrecht
Mein Kind aus solchem nobelen Geschlecht?!«
Und damit griff er Alein an den Hals,
Doch grimmig faßte der ihn ebenfalls,
Schlug mit der Faust ihm auf die Nase, daß
Sofort von Blut die ganze Brust ihm naß;
Und mit zerbrochnem Mund und Nasenbeine
Wälzten sich Beide wie im Dreck die Schweine.
Herüber und hinüber ging das Spiel,
Bis über einen Stein der Müller fiel,
Und rücklings auf das eigne Weib hinsank.
Die wußte Nichts von diesem dummen Zank,
Denn eben eingeschlafen war sie tief
Bei Hans, der selbst die ganze Nacht nicht schlief.
Doch plötzlich wurde durch den Fall sie wach.
»Beim heil'gen Kreuz von Bromeholm!« – sie sprach –
»In manus tuas, Herr! – Ich bitte Dich,
Simon! wach' auf! der Böse reitet mich!
Ich bin halb todt; mir ist das Herz gebrochen![146]
Es liegt mir schwer auf Leib und Kopf und Knochen!
Hilf Simon! die Studenten sind in Streit!«
Zum Bett hinaus sprang Hans mit Schnelligkeit,
Und hin und her begriff er alle Wände,
Zu fühlen, ob er einen Stock nicht fände.
Auch sie sprang auf und, besser mit dem Ort
Als Hans bekannt, fand sie den Stock sofort.
Und sie erspähte – denn ein Schimmerschein
Fiel von dem Monde durch ein Loch hinein –
Am Boden zwei Gestalten bei dem Licht,
Doch sie erkannte, wer sie waren, nicht.
Ein weißes Ding nur sah ihr Auge funkeln,
Und da nun dieses weiße Ding im Dunkeln
Einer Scholarenzipfelnachtmütz' glich,
Sie mit dem Stocke nah' und näher schlich;
Doch statt auf Alein, dem es zugedacht,
Schlug auf des Müllers Kahlkopf sie mit Macht.
Zu Boden fallend, rief er: »Ach, ich sterbe!«
Doch die Scholaren prügelten ihn derbe
Und gingen fort, um Pferd und Mehl zu suchen,
Und holten bei der Thüre sich den Kuchen,
Halbscheffelgroß aus ihrem Mehl gebacken,
Und kehrten flugs der Mühle ihre Nacken.
So ward's dem stolzen Müller heimgezahlt.
Es war das Korn von ihm umsonst gemahlt,
Den Abendschmaus bestritt er ganz allein
Und Beider Prügel hatt' er obendrein,
Und Weib und Tochter waren ihm geschändet.
Seht! wie die Falschheit eines Müllers endet![147]
Und daher ist das Sprüchwort keine Lüge:
Daß ein Betrüger sich stets selbst betrüge,
Sowie: daß unrecht Gut nicht gut gedeihe!
Nun, Gott in seiner Majestät verleihe
Euch seinen Segen. – Rückgezahlt hiemit
Hab' ich's dem Müller – und jetzt sind wir quitt!
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