Zweiter Auftritt

[35] Margiana. Nureddin. Abul vor dem Fenster.


NUREDDIN.

O holdes Bild in Engelschöne,

Oft, wenn in Träumen ich dich angeschaut,

Da fand ich Worte, fand ich Töne,

Da hab' ich innig dir mein Herz vertraut.

Nun fühl' ich alles mir entschwinden,

Was ich geträumt, gedacht – entwich;[35]

Vor deinem Anblick wonniglich

Ist alles nur ein seliges Empfinden;

Ein Wort nur kann ich wiederfinden,

Das eine Wort: »Ich liebe dich!«

MARGIANA.

Wohl hab' ich Grüße dir ersonnen,

Blumen zum Strauße dir gereiht,

Wie holde Lieb' in Weh und Wonnen

Gern sie zu ihrem Boten weiht.

Doch du erscheinst, und ach, es neigen

Die Blumen demutvoll und zagend sich.


Sie nimmt eine blühende Rose vom Zweig.


Kühn nimmt die Rose nur das Wort für mich,

Den hohen Sinn zu künden, der ihr eigen;

Ob auch die Schwestern alle schweigen,

Die Rose sagt: »Ich liebe dich!«


Sie gibt ihm die Rose.


NUREDDIN UND MARGIANA.

So mag kein andres Wort erklingen,

Als das die blüh'nde Rose sprach;

Kein Lied in unsre Seele dringen,

Als das aus Träumen tönte nach;

Und wenn des Lebens Traum entschwunden

Und wenn der Rose Glut verblich,

Dann tön in Eden ewiglich,

Wo Rosenketten uns umwunden,

Wo ew'ger Traum uns hält verbunden,

Das eine Wort: »Ich liebe dich!«

ABUL vor dem Fenster.

O Nureddin, genieße froh dein Glück!

Sei ohne Furcht, es wacht vor diesem Fenster

Dein Abul Hassan Ali Ebn Bekar.

BOSTANA eilt herein.


Quelle:
Peter Cornelius: Der Barbier von Bagdad. Stuttgart [o. J.], S. 35-36.
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