[46] Lisette, Philipp.
LISETTE. Ist dein Herr nicht da, Philipp? Oho! du stehst ja so ernsthaft und so tiefsinnig da, als wenn du wirklich an etwas kluges dächtest.[46]
PHILIPP. Ich, tiefsinnig bin ich; das ist einmal mein Fehler. Ich mache es meinem Herrn nach, der auch manchmal so zerstreuet da steht; und ich habe eine Wahrheit ausfindig gemacht, die er mir so leicht nicht glauben wird.
LISETTE. Und was für eine?
PHILIPP. Daß er nicht klug ist. Er wird alle Tage ärger; er hat Träume, die einem Kranken nicht seltsamer einfallen können; und das schlimmste dabey ist, daß er allemal beweisen kann, daß er recht, und ich unrecht habe. O! wenn die Stände nach dem Verstande ausgetheilt würden: so würde ich ganz eine andere Person in der Welt spielen. Ich habe nicht so viel Verstand, als mein Herr; aber mehr gesunde Vernunft.
LISETTE. Pfui, schäme dich, von deinem Herrn so übel zu reden! Mein gnädiges Fräulein ist auch manchmal wunderlich genug! Nun ist sie in den Damon. sterblich verliebt; das habe ich ausgeforschet: und doch will sie ihrem närrischen Vater gehorchen, und deinen närrischen Herrn nehmen. Sie muß den Verstand eben auch verloren haben: aber siehst du, ich bin verschwiegen; ich rede meinem Fräulein nichts Böses nach.
PHILIPP. Ja, ich sehe es. Warum sollten wir arme Bedienten denn auch nicht die Freyheit haben, von unsern Herren übel zu reden! Das Glück theilet seine Gaben wunderlich aus: nur das ist noch das Beste, daß es den mindern Ständen die Freyheit giebt, sich immer über die größern aufzuhalten. Siehst du es nicht, wie es in deinem Hause zugeht! Das Aufwartemägdchen hält sich über die Jungmagd auf, die Jungmagd über die Kammerjungfer.
Er macht ihr eine tiefe Verbeugung.
Du, mein liebstes Lisettchen, lachest dein Fräulein aus! Diese wird eine Gräfinn auslachen, die wieder über irgend eine Prinzeßinn spotten; das ist ein allgemeines Vergnügen!
LISETTE. Du wirst ja alle Tage gelehrter. Ich muß mich oft darüber verwundern. Aber ich hätte dich viel lieber, wenn du nur halb so klug wärest.
PHILIPP. Warum?
LISETTE. Ich will keinen gelehrten Mann haben; sie sind zu eigensinnig, zu wunderlich. Ein Liebhaber, der Verstand hat, ist schon hübsch: aber bey einem Ehemann ist das eine sehr entbehrliche Sache.[47]
PHILIPP. Mein Herr kömmt.
LISETTE. Es ist gut. Ich hätte fast vergessen, daß ich bey ihm etwas ausrichten soll.
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