[Es jubelt die Flur. Eine kühlende Briese]

[49] Es jubelt die Flur. Eine kühlende Briese

Durchflattert das flimmernde, flatternde Haar

Vergnügter Gespielen, auf blühender Wiese:

Und plötzlich erscheint eine tanzende Schaar.


Das sind lauter jauchzende, lustige Kinder,

Doch was sie da singen verliert sich im Wind.

Das hascht sich und ruft sich, das läuft noch geschwinder,

Das wettet und weiß nicht, ob jemand gewinnt.


Es laufen die Mädchen und rascher die Knaben,

Zum Spiel hat sich bald auch Gefallen gesellt,

Das würde sich herzen und möchte sich haben,

Ob eines der Mädchen aus Übermut fällt?


Es flimmern die Wiesen. Es balgen sich Kinder.

Es wiegen sich Birken. Es lispelt der Wind.

Die Lenzlüfte werden schon blauer und linder:

Da flüchten die Paare ins Waldlabyrinth.
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Dort horchen sie still aus das Flöten der Hirten,

Und allerhand Glocken durchtönen den Wald,

Dann pflücken sich Mädchen die lieblichsten Myrthen

Und schmücken damit ihre hohe Gestalt.


Die Wiesen durchrieseln laut plaudernde Bäche,

Und rings zittern Birken, vom Winde gebeugt,

Man fürchtet von mancher, die aufschnellt, sie bräche,

Doch scheinen sie wirklich zum Wiegen gezeugt.


Sie sind nur zum Spiel mit dem Winde ersprossen

Und lieben sein Wesen und heiteres Geräusch,

Es hat sich ein Laubtraum in Birken ergossen,

Drum sind sie so leicht und doch standhaft und keusch.


Vom Walde her tönen nun lustige Lieder,

Und allerhand Bäume durchschüttelt der Wind,

Der Birkenhain schmiegt sich am tiefsten hernieder,

Doch alles bleibt heiter und jedes ein Kind!

Quelle:
Theodor Däubler: Das Nordlicht. Teil 3, München; Leipzig 1910, S. 49-50.
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