Die Glanzperle

[330] Im Halbmond, wenn die Sterne sich verdichten,

Der Wasserathem langsam dann verzieht,

Enttaucht ein Kahn, so traumhaft wie ein Lied,

Und scheint die letzten Wellen zu beschwichten.


Ein Seelenpaar, das Herz und Blick belichten,

Das blos die reinste Einheit giebt und sieht,

Vermag nach allem, was in Glück geschieht,

Den Rhythmus seiner holden Fahrt zu richten.


Es regt sich da kein Hauch am grauen Meere,

Es hat der Kahn statt Segel einen Traum

Und wiegt ganz spurlos seine Schattenleere.


Die Liebenden sind blaß und zart wie Schaum,

Ihr Antlitz mild, als ob es nichts begehre:

Man wundert sich ja nur, und wähnt sie kaum.
[330]

Quelle:
Theodor Däubler: Das Nordlicht. Teil 1, München; Leipzig 1910, S. 330-331.
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