Trost-Liedchen

[212] Am allerbesten ist es zwar

Im Herren seyn verschieden,

Vnd leben bey der Frommen Schar

Vergnüget vnd in Frieden,

Seyn ewig ausser Trug vnd List

Mang Abrahams Geschlechten,

Da Frewd' vnd lieblichs Wesen ist,

O Gott, zu deiner Rechten.


Vnd hett' ich aller Lust Genieß

So hier erdacht mag werden,

Ja säh' ein rechtes Paradieß

Für mich gebawt auff Erden,

Herscht' herrlich über Leut und Landt,

Groß, mächtig und erhaben,

Vnd wär' in aller Welt bekandt

Durch Kunst Verdienst und Gaben:


Was wär' es denn nun endlich mehr?

Die Zeit-Flucht heisst mich altten,

Vergänglich ist Welt, Lust und Ehr',

Vnd dan mus ich erkaltten,

Bin aus, verrotte ja sogleich

Als hätt' ich unter dessen

Nichts, oder aller Erden Reich

In dieser Welt besessen.


Wer aber lebt so wol alhie

Vnd nur in gutten Tagen?

Ein ander weiß von seiner Müh

Von meiner ich zu sagen,

Viel ist der Stern' am Himmels-Sal

Vnd viel der Meeres-Wellen,

Mehr aber ist der Menschen Qual

In mehr als tausent Fällen.


Nein, unser bestes bleibet wol

Von hinnen selig scheiden,

Vnd aller Rhue und Anmuth voll

Bey Christo seyn in Frewden,

Vnd jung zwar, denn aus diesem Licht

Kaum alt erst wollen scheiden,

Ist Lust sich gern, ohn Thorheit nicht,

Im Tode zu verweilen.
[212]

Nur daß, die hinterblieben seyn

Sich gar zu hefftig kräncken,

Vnd kaum einmal für grosser Pein

An jhren Gott gedencken,

Der uns doch allen setzt ein Ziel,

Das heut kömpt oder morgen,

Ob wir gleich wenig oder viel

Desselben uns besorgen.


Laß, Herr, des Glaubens Liecht allzeit

In unsern Hertzen brennen,

Daß wir die selig' Ewigheit

Ja mögen recht erkennen,

Vnd klagen dann der Vnsern Todt

Mit Trost-gemäßten Thränen,

Vns aber stets aus dieser Noth

In deinen Himmel sehnen.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 3, Halle a.d.S. 1937, S. 212-213.
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