[306] Seit Constantin des Adlers Flug, entgegen
Dem Himmelslauf, gewandt, dem mit dem Ahn er
Gefolgt war, der Lavinien freite, hatte
Der Vogel Gottes schon am fernen Ende
Europa's nah dem Berg von dem er ausging,
Mehr als zweihundert Jahr geweilt, auch war
Im Schatten seines heiligen Gefieders
Das Regiment der Welt von Hand zu Hand
Gegangen, als es in die meine kam.
Ich bin Justinian und war ein Cäsar;
Der ersten Liebe, die ich fühle, folgend
Schied aus dem Recht' ich was zuviel und nichtig.
Bevor ich mich zum großen Werk gewendet,
Vermeinte ich, in Christo sei nur eine
Natur, und mir genügte solcher Glaube.
Allein es führte mich durch seine Worte
Zum wahren Glauben Agapet zurück,
Der Oberhirte, den ich benedeie.
Ich glaubte ihm, und seines Glaubens Inhalt
Seh' ich so klar nun, wie in Widersprüchen
Du siehst, daß eins wahr, das andre falsch sei.
Sobald mein Fuß den Weg der Kirche ging
Gefiel's in Gnaden Gott, die hohe Arbeit
Mir einzugeben, der ich ganz mich weihte.
Die Waffen ließ ich meinem Belisar,
Und also war mit ihm des Himmels Rechte,
Daß mir's ein Zeichen war, mich zu enthalten.
Empfangen hast auf deine erste Frage
Du nun die Antwort; doch ihr Gegenstand
Verlangt, daß einen Zusatz ich dir gebe.[306]
Damit du könnest sehn, mit welchem Rechte
Entgegen streben dem hochheil'gen Zeichen
Die sich's anmaßen und die es bekämpfen,
Sieh, welche Wunderkraft der Ehr' es würdig
Gemacht von jener ersten Stunde an,
Wo Pallas starb, um ihm das Reich zu lassen.
Du weißt es, daß dreihundert Jahr und länger
Der Adler seinen Horst in Alba hatte,
Bis mit den Drei'n um ihn die Dreie kämpften;
Weißt, was vom Leide der Sabinerinnen
Er tat bis zu Lucretiens Schmerz, besiegend
Die Nachbarvölker unter sieben Kön'gen.
Du weißt, was, von den hochverdienten Römern
Getragen, gegen Brennus er und Pyrrhus
Geleistet und viel Fürsten noch und Städte.
Da ward der Ruhm, der mich erfreut, dem Quinctius
Den man vom ungepflegten Haar benennt,
Zuteil, den Deciern, Fabiern und Torquatus.
Er bändigte den Hochmut der Araber,
Die das Gebirg, von dem der Po herabströmt,
In Hannibals Gefolge überstiegen.
Pompejus triumphierte unter ihm
Noch jung, und Scipio, und verderblich ward er
Dem Berg', an dessen Fuße du das Licht sahst.
Als nahe dann die Zeit war, wo der Himmel
Sein heitres Friedensbild der Welt gewährte,
Ergriff ihn Cäsar nach dem Willen Roma's.
Was er getan vom Var bis hin zum Rheine,
Das sahn Isère, Aire sowie Seine
Und jedes Tal von dem der Rhodan anschwillt.
Was von Ravenna dann den Rubicon
Er überschreitend tat, ist solchen Fluges,
Daß Zung' und Feder nimmer folgen kann.
Nach Spanien wandt' er seine Kriegerschar,
Dann nach Durazzo, und Pharsalien traf er
So, daß den Schmerz am heißen Nil man fühlte,[307]
Den Simois sah er, sah Antandros wieder,
Wo Hektor ruht, von wo er selber ausging,
Und flog zu Ptolemäus' Unheil weiter.
Dann schloß er blitzesgleich herab auf Juba,
Und wandte sich demnächst nach eurem Westen,
Wo die Pompejische Drommete rief.
Was mit dem nächsten Bannerherrn er tat,
Bellt Brutus in der Hölle noch und Cassius,
Und Modena beweint es gleich Perugia.
Auch weint Kleopatra in herber Trauer,
Weil, vor ihm fliehend, sie den jähen Tod
Sich durch der Schlange gift'gen Biß bereitet.
Mit diesem eilt' er bis zum Roten Meere,
Mit diesem gab der Welt er solchen Frieden,
Daß zugeschlossen ward des Janus Tempel.
Doch alles, was das Zeichen, das ich meine,
Im Reich der Sterblichkeit, das er regiert,
Getan, und was zu tun ihm ferner oblag,
Das muß, schaut in der Hand des dritten Cäsar
Man hellen Aug's und reinen Sinn's es an,
Gering und dunkel im Vergleich erscheinen;
Denn, die mir, was ich sage eingibt, Gottes
Gerechtigkeit, gewährt in dessen Händen
Den hohen Ruhm ihm, seinen Zorn zu rächen.
Nun staune, was ich daran weiter knüpfe:
Mit Titus eilte dann der Adler, Rache
Zu nehmen für der alten Sünden Rache.
Denn schützte siegend unter seinen Flügeln
Der große Karl die heil'ge Kirche, als
Der Zahn der Longobarden sie verletzte.
Urteilen kannst du über jene nun,
Die ich vorhin verklagt und ihre Sünden,
Die Ursach sind an allen euren Übeln.
Entgegen stellt dem allgemeinen Zeichen
Die gelben Lilien der, den andren ist es
Parteisymbol. Wer sagt, wer schlimmer fehle?[308]
Wählt, Ghibellinen, euch für eure Künste
Ein ander Zeichen; nimmer ziemt sich dieses
Für den, der von Gerechtigkeit es scheidet.
Und dieser neue Karl mit seinen Guelfen,
Er soll's nicht stürzen, nein, die Fänge fürchten,
Die höh'ren Löwen schon des Fell's beraubten.
Es weinten um der Väter Schuld die Kinder
Schon manchmal, und man glaube nicht, daß Gott
Sein Wappenschild für diese Lilien tauschet.
Es sammeln sich auf diesem kleinen Sterne
Die guten Geister, welche tätig waren,
Um Ehre sich und Nachruhm zu erwerben.
Doch wenn abirrend dorthin sich die Wünsche
Begehrend richten, müssen wohl die Flammen
Der wahren Liebe matter aufwärts zielen.
Mit dem Verdienste unsren Lohn zu messen
Ist Teil von unsrer Freude, denn wir sehen,
Daß kleiner er so wenig ist, als größer.
Darum versüßet in uns die lebend'ge
Gerechtigkeit so das Verlangen, daß es
Zu keinem Argen je sich wenden kann.
Mehrstimmiger Gesang tönt drunten süßer;
So folgt der süße Wohlklang dieser Räder
Aus der Verschiedenheit von unsren Sitzen.
In dieser Perle strahlt das Licht Romeo's,
Dem seine Tat, so groß sie war und schön,
Vergolten ward mit üblem Dankeslohne.
Allein die Provençalen, die so feindlich
Ihm waren, lachten nicht; denn übel wandelt
Wer fremde Guttat sich zum Schaden rechnet.
Vier Töchter hatte Raimund Berengar,
Und Königin ward jede; das verdankt' er
Romeo, dem bescheidnen fremden Manne.
Und dann bewogen ihn scheelsücht'ge Worte,
Von jenem Wackren Rechenschaft zu fordern,
Der ihm statt Zehen, Fünf und Sieben aufwies.[309]
Von hinnen ging er arm und alt an Jahren.
Wohl preist die Welt ihn; aber wenn sie wüßte,
Mit welchem Herzen stückweis er sein Brot sich
Erbettelt, würde sie noch mehr ihn preisen. –
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