[330] Kaum hatte die gebenedeite Flamme
Ihr letztes Wort gesprochen, als auf's neue
Die heil'ge Mühle sich zu dreh'n begann.
Noch hatte sie die Runde nicht vollendet,
Da schloß sich rings um sie ein zweiter Kreis,
Einhaltend gleichen Takt im Tanz und Liede.
Und wie der erste Glanz den rückgestrahlten,
So übertrifft dies Lied in solchen Kehlen
Das unsrer Musen, unserer Sirenen.
So wie, wenn Juno ihre Botin sendet,
Zwei gleichgefärbte, parallele Bogen
Auf zartem Wolkengrunde sich bewegen,
Und so den inn'ren wiedergibt der äuß're,
Wie jener Flücht'gen Wort tut, die von Liebe
Verzehrt ward, wie die Sonne Dunst verzehrt,
Uns aber, ob des Bundes, welchen Gott
Mit Noah schloß, die Zuversicht gewähren,
Daß niemals überschwemmt die Welt mehr wird,
So wanden sich um uns die beiden Kränze
Von jenen Rosen, welche nie verblühn,
Und so entsprach dem inneren der äuß're.
Als nun der Tanz und all die Freudenzeichen,
Die, singend und von Licht zu Licht einander
Anstrahlend, sie in Lust und Liebe tauschten,
Gleichzeitig und in Willenseinheit ruhten,
Wie, dem Belieben das sie lenkt gehorchend,
Die Augen sich zusammen auf- und zutun,
Da tönte aus der neuen Lichter einem
Mir eine Stimme, die nach ihrem Ursprung
Mich zog, so wie der Nordstern zieht die Nadel:
Die Liebe, welche mich verschönt, begann sie,
Heißt von dem andren Herzog mich noch reden,
Um dessenthalb der meine so gerühmt ward.[331]
Wo man vom einen spricht, soll man des andren
Gedenken; wie sie für das gleiche Ziel
Gekämpft, muß auch ihr Ruhm vereinigt leuchten.
Die Heerschar Christi, welche neu zu waffnen
Soviel gekostet, folgte ihrer Fahne
Unsich'ren Mutes und langsamen Schrittes,
Als unser Kaiser, der ohn' Aufhör herrschet,
Für seine Streiter, die gefährdet waren,
Aus Gnaden sorgte, nicht weil sie's verdienten,
Und, wie gesagt, zur Hilfe seiner Braut
Zwei Kämpfer sandte, deren Tun und Reden
Dem Volke seinen Irrweg offenbarte.
In jenem Land, von wo die jungen Knospen,
Mit denen dann Europa neu sich kleidet,
Der süße Zephyr aufzuschließen ausgeht,
Nicht weit vom Strand, an den die Wellen schlagen,
Wo jenseits, ob der großen Wasserwüste,
Zeitweis die Sonne keinem Menschen scheinet,
Dort liegt von Heil begnadigt Calaroga
Im Schutz des großen Schildes, das den Löwen
Hier unterliegend zeigt, dort unterjochend.
Zur Welt kam dort der liebentbrannte Buhle
Des Christenglaubens, jener heil'ge Kämpe,
Der, mild den Seinen, hart war mit den Feinden.
Und, kaum erschaffen, war schon seine Seele
So voll lebend'ger Kraft, daß zum Propheten
Sie ihn gemacht hat in der Mutter Schoße.
Als zwischen ihm das Bündnis und dem Glauben
Am heil'gen Born geschlossen war, wo beide
Mit Heil einander wechselsweis begabten,
Erblickte, die für ihn das Jawort gab,
Die Frau, im Traum die wunderbare Frucht,
Die bringen sollten er und seine Erben.
Und, daß er heiße wie er wirklich war,
Gebot ein Geist, ihn mit dem Eigenschaftswort
Von dem zu nennen, dem er ganz gehörte.[332]
Dominicus ward er genannt, und von ihm red' ich,
Als von dem Ackermanne Christi, welchen
Er sich zur Hilf' erkor für seinen Garten.
Wohl schien er Christi Bote und Vertrauter,
Indem die erste Liebe, die er kund tat,
Den ersten Rat, den Christus gab, befolgte.
Gar manches Mal fand schweigend ihn und wach
Die Wärterin am Boden, daß es schien,
Als ob er sagen wollte: Dazu kam ich.
Wohl hieß mit vollem Recht sein Vater »Felix«,
Und ebenso »Johanna« seine Mutter,
Wenn dies den Sinn hat, welchen man ihm beimißt.
Nicht in dem Dienst der Welt, in dem, Thaddaeus
Und dem von Ostia folgend, man sich abmüht,
Nein, um des wahren Manna's willen nur
Gewann in kurzem er so tiefes Wissen,
Daß er den Weinberg durchzuforschen anfing,
Der bald verrottet, wenn der Winzer schlecht ist.
Und von dem Stuhl, der den gerechten Armen
Einst wohler wollte, weil zwar nicht er selbst,
Wohl aber der ihn einnimmt, aus der Art schlug,
Begehrt' er nicht das Recht, für zwei bis drei
Von sechs zu dispensieren, nicht den Nießbrauch
Vakanter Pfründen, nicht die, Gottes Armen
Gehör'gen Zehnten; nein, das Recht, den Irrtum
Der Welt für jenen Samen zu bekämpfen,
Aus dem zweimal zwölf Pflanzen dich umgeben.
Dann brach er, wie ein Strom aus reicher Quelle,
Gestützt auf apostolische Berufung,
Mit Wissens- und mit Willenskraft hervor,
Und stürzte auf die ketzerischen Knorren
Mit um so größrem Ungestüm, je zäher
Die Störrigkeit des Widerstandes war.
Viel Bäche sind von ihm dann ausgegangen,
Berieselnd des kathol'schen Glaubens Garten,
So daß nun frischer seine Sträucher grünen.[333]
War so das eine Rad des Kriegeswagens,
In dem die heil'ge Kirche sich verteidigt,
In ihrem Bürgerkrieg das Feld behauptend,
So sollte die Vortrefflichkeit des andren,
Die Thomas eh' ich kam so freundlich pries,
Nun zur Genüge dir erkennbar sein.
Allein, verlassen ist jetzt das Geleise,
Das es gemacht mit seinem obren Umkreis,
So daß nun Schimmel sich statt Weinsteins ansetzt.
Denn sein Gefolge, das die Füß' einst grade
In seine Spur gesetzt, verwandte so sich,
Daß an der Zehen Platz der Hacken eintritt.
Doch bald wird an der Ernte man die schlechte
Bestellung sehn, wenn klagen wird der Lolch,
Daß in der Lade keinen Platz er findet.
Wer unsren Band von Blatt zu Blatt durchsuchte,
Der würd', ich sag' es selbst, auf Seiten treffen,
Auf denen stünd': Ich bin was ich gewesen.
Doch wäre deren Heimat nicht Casale,
Noch Acquasparta, woher die gekommen,
Die bald die Schrift verengen, bald verleugnen.
Ich selber bin Bonaventura's Leben
Von Bagnoregio. In den höchsten Ämtern
Stellt' immer ich hintan die falsche Sorge.
Hier sind Illuminat und Augustin,
Die ersten fast der schuhelosen Armen,
Die strickumgürtet Gottes Freunde wurden.
Hier ist mit ihnen Hugo von Sankt Victor,
Petrus Comestor und Hispaniens Petrus,
Der heute noch in zwölf Traktaten leuchtet.
Auch Nathan, der Prophet, Chrysostomus
Metropolit, Anselm und der Donatus,
Der nicht verschmäht, die erste Kunst zu lehren.
Raban ist hier, und mir zur Seite endlich
Erglänzt Abt Joachim der Calabrese,
Der mit dem Geist der Prophetie begabt war.[334]
Solch hohem Paladine nachzueifern
Bewog die liebentbrannte Freundlichkeit
Des Bruders Thomas und sein edles Wort
So mich, als diese, die mit mir vereint sind. –
Ausgewählte Ausgaben von
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